Depression, Angststörung und Co.: Bin ich psychisch krank?

Mentale Gesundheit Wir alle haben mal Phasen, in denen es uns nicht so gut geht. Ab wann steckt eine ernsthafte psychische Erkrankung dahinter? Und was ist dann zu tun?

Das Wetter ist seit Tagen schlecht, die Arbeit zermürbend, mit dem Partner gibt es Streit: Manchmal will man einfach nur im Bett liegen und an die Decke starren. Gott sei Dank kommen meistens wieder bessere Zeiten. Aber was, wenn nicht?

Wann liegt eine psychische Erkrankung vor?

Eine gesicherte Diagnose können nur Ärztinnen und Psychotherapeuten stellen. Doch es gibt Hinweise auf ein seelisches Ungleichgewicht.

Der Berliner Krisendienst nennt häufige Alarmzeichen:

  • Sie entdecken Veränderungen in Ihrem Verhalten: Sie ziehen sich sozial zurück oder geben frühere Interessen und Hobbys auf.
  • Sie leiden an wiederkehrenden, intensiven Stimmungsschwankungen sowie andauernder Traurigkeit oder Angst.
  • Sie haben Schlafstörungen.
  • Ihr Appetit und Ihr Körpergewicht verändern sich.
  • Sie stellen bei sich anhaltende Energielosigkeit und Konzentrationsprobleme im Alltag fest.
  • Sie werden auf eine gestörte Wahrnehmung der Realität hingewiesen oder stellen diese selbst bei sich fest.
  • Sie konsumieren vermehrt Alkohol oder sogar andere Drogen.
  • Sie sind von Suizidgedanken geplagt oder/und verletzen sich selbst. Dann besteht sofortiger Handlungsbedarf.

Alarmzeichen: Wann muss ich handeln?

Entscheidend dafür, wann und ob etwas getan werden muss, sind drei wesentliche Faktoren:

1. Dauer der Symptome: Wie lang geht das schon so?

Wenn die Symptome innerhalb eines kurzen Zeitraums wieder verschwinden oder nachlassen, kann es sich um die vorübergehende Reaktion auf eine akute Herausforderung handeln - etwa auf einen Jobverlust, Unfall oder den Tod einer nahestehenden Person.

Wenn die Symptome über Wochen oder Monate anhalten, ist es eher wahrscheinlich, dass eine psychische Erkrankung dahintersteckt.

2. Schweregrad der SymptomeWie schlimm ist es?

Die Schwere der Symptome kann ebenfalls ein Hinweis darauf sein, ob es sich um einen vorübergehenden Zustand oder eine Krankheit handelt. Mildere Symptome können auf vorübergehende Belastungen hindeuten, schwerwiegendere und anhaltende Symptome eher auf eine Krankheit.

3. Funktionsbeeinträchtigung: Was schaffe ich noch?

Manchmal sind selbst alltägliche Aktivitäten oder die Arbeit nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich. Das kann ein Anzeichen für eine psychische Erkrankung sein.

Bei vorübergehenden Zuständen kann die Person ihren Alltag wieder gewohnt bewältigen, sobald der Auslöser oder die Stressquelle verschwindet. Bei einer Krankheit halten die Symptome an.

Ich brauche schnell Hilfe - wo finde ich die?

  • Suchen Sie zunächst Ihren Hausarzt auf, rät die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZGA).
  • Geeignet sind aber auch die Beratungsstellen des Psychosozialen Dienstes oder örtliche Krisendienste. Hier ist es möglich, sich auch anonym beraten zu lassen.
  • Die Telefonseelsorge ist kostenlos zu jeder Tages- und Nachtzeit unter diesen Nummern zu erreichen:
  • 0800 111 0111
  • 0800 111 0222
  • 116 123
  • Das muslimische Seelsorgetelefon 030 4435 09823 berät auch auf Türkisch, Arabisch und Urdu.

Depressionen: Was ist das überhaupt?

Ein seelisches Ungleichgewicht kann auf unterschiedliche psychische Erkrankungen zurückgehen. Besonders häufig sind Depressionen.

Das Wort Depression ist vom lateinischen Begriff für "niederdrücken" oder "herabziehen" abgeleitet. Der Begriff beschreibt eine psychische Störung, die sich durch anhaltende Gefühle von Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit und Interessenverlust auszeichnet.

Laut dem Max-Planck-Institut für Psychiatrie erkranken mindestens 15 Prozent der Menschen im Laufe ihres Lebens an einer Depression.

Bei Frauen werden etwas häufiger Depressionen diagnostiziert als bei Männern. Das könnte allerdings auch daran liegen, dass Frauen eher einen Arzt aufsuchen als Männer.

Die Ursachen von Depressionen sind komplex und können durch eine Kombination von genetischen, biologischen, psychologischen und umweltbezogenen Faktoren beeinflusst werden. Neurotransmitter-Ungleichgewichte, Stress und traumatische Erfahrungen spielen häufig eine Rolle.

Was sind typische Symptome einer Depression?

  • anhaltende Niedergeschlagenheit
  • Interessenverlust
  • Energiemangel
  • Schlafstörungen
  • Appetit- und Gewichtsveränderungen
  • Konzentrations- und Entscheidungsschwierigkeiten
  • Gedanken der Wertlosigkeit oder Schuldgefühle

Achtung: Suizidgedanken sind ebenfalls ein mögliches Symptom und erfordern dringende Aufmerksamkeit. Haben Sie suizidale Gedanken? Wenden Sie sich umgehend an eine Ärztin oder einen Arzt oder suchen Sie Hilfe bei der Telefonseelsorge (etwa unter der 116 123).

Gut zu wissen: Der Verlauf einer Depression kann variieren. Einige Menschen erleben eher depressive Episoden, fühlen sich zwischendurch wieder besser. Andere haben anhaltende Symptome.

Wie wird eine Depression behandelt?

Die Behandlung erfolgt in der Regel durch eine Kombination aus:

  • Psychotherapie
  • Medikamenten
  • Selbsthilfestrategien

Psychotherapie kann dabei helfen, negative Denkmuster und Verhaltensweisen zu identifizieren und zu verändern. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die Krankenkassen übernehmen laut Deutscher Depressionshilfe die folgenden vier Verfahren:

1. Kognitive Verhaltenstherapie

Es wird davon ausgegangen, dass unser Verhalten, unsere Überzeugungen und Gedanken ihren Ursprung in frühen Lernerfahrungen haben. Diese Erfahrungen werden in der Therapie thematisiert - und mithilfe von Übungen und Gesprächen neue Denk- und Verhaltensweisen erarbeitet.

2. Psychoanalyse

Ziel der Psychoanalyse ist, verborgene oder verdrängte Konflikte und traumatische Erfahrungen zu erinnern und aufzuarbeiten. Der Prozess soll die Entwicklung, die Erkenntnis und damit die Genesung fördern.

3. Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

Auch diese Therapieform gehört zu den psychoanalytisch begründeten Verfahren. Im Gegensatz zur Psychoanalyse stehen allerdings verstärkt aktuelle psychische Konflikte im Zentrum der Behandlung.

4. Systemische Therapie

Hier stehen die Beziehungen zu anderen Menschen im Vordergrund. Es werden Partner oder Familienmitglieder einbezogen und versucht, gemeinsame Lösungen für Probleme oder Konflikte zu finden.

Antidepressiva können in einigen Fällen verschrieben werden, um die biochemische Balance im Gehirn zu regulieren.

Zu den ergänzenden Selbsthilfestrategien, die zur Verbesserung des Zustandes beitragen können, zählen folgende:

  • regelmäßige Bewegung
  • ausreichend Schlaf
  • soziale Unterstützung
  • Stressbewältigung

Angststörungen: Was ist das genau?

Bei Angststörungen sind Angstgefühle übermäßig stark und belastend. Auslöser können bestimmte Orte, Situationen oder Gefühle sein.

Der Körper nimmt alltägliche Situationen als Gefahr wahr und reagiert entsprechend: Die Herzfrequenz steigt, die Atmung wird flach, der Körper ist auf Kampf oder Flucht vorbereitet. Für Außenstehende ist die Angst oft grundlos und schwer nachzuvollziehen.

Auch die Entstehung von Angststörungen ist von vielen Faktoren abhängig. Sie wird durch komplexe Zusammenhänge von genetischen, biologischen und umweltbezogenen Faktoren beeinflusst. Eine familiäre Veranlagung kann das Risiko für eine Angststörung erhöhen.

Traumatische Erfahrungen, chronischer Stress und belastende Lebensereignisse können Auslöser oder Verstärker von Angstsymptomen sein. Lernprozesse und Konditionierung können dazu führen, dass angstauslösende Situationen oder Reize verstärkt werden.

Was sind typische Symptome einer Angststörung?

Wer unter einer Angststörung leidet, den plagen anhaltende Sorgen und Ängste. Panikattacken, die von intensiven Angstgefühlen begleitet werden, können ebenfalls auftreten.

Sie äußern sich durch:

  • Herzklopfen
  • Schweißausbrüche
  • Schwindel

    Panikattacken können stark verunsichern, weil Betroffene oft gar nicht wissen, dass sie gerade eine durchleben. Um eine körperliche Erkrankung auszuschließen, sollte man einen Arzt aufzusuchen.

Gut zu wissen: Nach maximal 30 Minuten verschwinden die Symptome in der Regel wieder. Während einer Panikattacke kann einem die Zeit allerdings ewig vorkommen. Das Zeitgefühl spielt verrückt.

Deshalb lohnt es sich, Bewältigungsstrategienzu entwickeln. Das können etwa Entspannungsverfahren oder Atemtechniken sein, die gemeinsam mit einem Psychotherapeuten eingeübt werden.

Die Selbsthilfeorganisation Deutsche Angst-Hilfe hat drei Notfall-Tipps für akute Panik-Situationen:

  • einen Kältereiz setzen (kaltes Wasser trinken, Coolpack auf den Unterarm oder in den Nacken legen)
  • in ein Kissen schreien
  • sich vor Augen führen, dass die Situation vorbeigeht

Wie werden Angststörungen behandelt?

Die Behandlung von Angststörungen umfasst in der Regel Psychotherapie, Medikamente wie Antidepressiva und angstlösende Präparate oder eine Kombination aus beidem.

Wie spreche ich über psychische Probleme?

Hier kommen einige hilfreiche Hinweise:

  • Sprechen Sie am besten zunächst mit einer Person Ihres Vertrauens, die Ihnen nahesteht und einfühlsam ist.
  • Überlegen Sie, was ein geeigneter Zeitpunkt ist und wählen Sie für das Gespräch einen ruhigen, vielleicht eher privaten Ort.
  • Wenn Sie Ihre Gedanken und Gefühle im Voraus sorgfältig sortieren, können Sie Ihre Erfahrungen klarer und verständlicher ausdrücken. Das hilft der anderen Person, Sie zu verstehen.
  • Bedenken Sie, dass das Gespräch für Ihr Gegenüber herausfordernd sein kann. Nehmen Sie die erste Reaktion nicht persönlich.
  • Gehen Sie auf die Art und Schwere der Herausforderungen ein, mit denen Sie konfrontiert sind. Beschreiben Sie die emotionalen Empfindungen, mit denen Sie aktuell zu tun haben.
  • Erklären Sie Ihre Bedürfnisse und teilen Sie mit, welche Art von Unterstützung Sie sich von Ihren Freunden oder Angehörigen erhoffen. Das können Zuhören, Verständnis, emotionale Unterstützung oder Begleitung bei der Suche nach professioneller Hilfe sein.

Wie kann ich helfen, wenn es jemandem mental schlecht geht?

Wer helfen möchte, sollte einfühlsam und unterstützend reagieren. Das sagt sich leicht. Konkret bedeutet das Folgendes:

  • Hören Sie aktiv zu und zeigen Sie Mitgefühl für die Gefühle und Erfahrungen der anderen Person. Versuchen Sie, deren Perspektive zu verstehen - ohne zu urteilen.
  • Machen Sie deutlich, dass Sie für ihr Gegenüber da sind. Bieten Sie Unterstützung an. Lassen Sie die Person wissen, dass sie nicht allein ist und dass Sie ihr helfen möchten.
  • Ermutigen Sie die Person, über ihre Gefühle und Gedanken zu sprechen. Dieses Öffnen kann schon eine Erleichterung sein.
  • Achten Sie auf Anzeichen von Suizidalität oder Selbstverletzung: Wenn Sie besorgt sind, dass die Person sich selbst oder anderen Schaden zufügen könnte, kontaktieren Sie die Telefonseelsorge. Rufen Sie den psychiatrischen Notdienst, den Rettungsdienst (112) oder die Polizei (110) an, wenn Eigen- oder Fremdgefährdung droht.
  • Seien Sie ansonsten dazu bereit, Grenzen zu akzeptieren, wenn die Person nicht über ihre Probleme sprechen möchte.
  • Bieten Sie praktische Hilfe an: Fragen Sie zum Beispiel, ob Sie alltägliche Aufgaben übernehmen oder bei der Suche nach professioneller Hilfe behilflich sein können.
  • Ermutigen Sie zu professioneller Hilfe, wenn Sie besorgt sind oder die Symptome bei der anderen Person andauern.
  • Informieren Sie sich: Wissen über psychische Probleme kann Ihnen helfen, besser zu verstehen, was die Person möglicherweise durchmacht und wie Sie sie am besten unterstützen können.
  • Sorgen Sie auch für sich selbst: Es ist wichtig, auch auf Ihre eigenen Grenzen und Bedürfnisse zu achten. Suchen Sie Unterstützung, wenn Sie merken, dass Sie emotional belastet sind. Und übernehmen Sie keine Verantwortung, die Sie nicht tragen können.

Gut zu wissen: Schulungen helfen, sicher im Umgang mit Menschen zu sein, die psychisches Leid erleben, rät der Berliner Krisendienst.

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