Es geht auch ohne Tablette: Das hilft gegen Kopfschmerzen

Endlich schmerzfrei Kopfschmerzen können uns im Alltag ganz schön ausbremsen. So weit muss es nicht kommen. Wir erklären Ihnen, welche Auslöser es gibt und wie Sie die Schmerzen wieder loswerden - auch ohne Medikamente.

Fast jeder kennt Kopfschmerzen und weiß daher, wie lästig sie sein können. Um das Übel schnell abzustellen, greifen viele Menschen einfach zur Kopfschmerztablette.

Doch ist es sinnvoll, Kopfschmerzen gleich mit Schmerzmitteln zu bekämpfen? Oder können auch sanfte Methoden helfen? Hier kommen die wichtigsten Fragen und Antworten.

Welche Auslöser für Kopfschmerzen und Migräne gibt es?

Grundsätzlich unterscheiden Experten zwischen:

• eigenständigen oder primären Kopfschmerzen wie Migräne oder Spannungskopfschmerzen

sekundären Kopfschmerzen als Symptom einer anderen Erkrankung wie der Grippe

"Bis heute weiß man nicht genau, wie Migräne entsteht", sagt Professor Andreas Michalsen, Chefarzt der Abteilung für innere Medizin und Naturheilkunde am Immanuel Krankenhaus Berlin.

Experten gehen zum Beispiel davon aus, dass Rezeptoren aktiviert werden, die dem Gehirn Schmerzen melden. Die Auslöser für diese Aktivierung können aber sehr vielfältig sein.

Nach Angaben der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) gibt es für den Spannungskopfschmerz im Prinzip einen Hauptauslöser: Verspannungen.

Vor allem bei Berufstätigen können weitere Faktoren eine Rolle spielen. Andreas Michalsen nennt die häufigsten von ihnen:

• zu wenige Pausen

• zu wenig Bewegung an der frischen Luft

• gestörter Schlafrhythmus durch Schichtdienst

• unregelmäßige Mahlzeiten

• hohe Arbeitsbelastung

• hoher Geräuschpegel

• falsche Bildschirmeinstellungen

Wer etwa in Vollzeit einen Bürojob ausübt, verbringt theoretisch jeden Monat 160 Stunden vor dem Bildschirm. "Den ganzen Tag vorgebeugt am Computer sitzen, die rechte Hand an der Maus, die Augen fest fixiert - da kriegt jeder Kopfschmerzen", erklärt Michalsen.

Wie lassen sich Kopfschmerzen vorbeugen?

Mit ausreichend Bewegung und Entspannung kommen Kopfschmerzen oft gar nicht erst auf. Ebenso wichtig ist es, regelmäßig für Frischluft zu sorgen.

Gerade im Arbeitsalltag lassen sich aber noch mehr Vorkehrungen treffen. Wer etwa viel am Schreibtisch sitzt, sollte sich seinen Büroplatz ergonomisch einrichten. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung hilft mit diesen Faustregeln:

• Der Abstand zwischen Augen und Bildschirm sollte mindestens 50 Zentimeter betragen.

• Auf dem Bildschirm sollte sich keine Lichtquelle wie ein Fenster oder eine Schreibtischlampe spiegeln.

• Der Winkel zwischen dem Unter- und Oberarm sollte auf dem Tisch abgestützt mindestens 90 Grad betragen.

• Der Arm sollte auf einer verstellbaren Auflage liegen.

• Der Winkel zwischen Ober- und Unterschenkel sollte 90 Grad sein.

• Die Arbeitsfläche sollte mindestens 80 Zentimeter tief sein.

• Tisch und Bürostuhl sollten höhenverstellbar sein.

• Der Bürostuhl sollte auf fünf gleichen Rollen stehen und eine verstellbare Rücken- oder Lendenstütze haben.

Das sorgt im Job für Entspannung:

Legen Sie regelmäßige Verschnaufpausen ein. Nutzen Sie diese, um sich kurz zu strecken, mit Kolleginnen und Kollegen zu sprechen oder für fünf Minuten an etwas Schönes zu denken. Die längere Mittagspause bietet sich für einen Spaziergang an.

Was hilft gegen Kopfschmerzen?

Die genannten Maßnahmen senken zwar das Risiko, doch Kopfschmerzen völlig verhindern können auch sie nicht. Was also tun, wenn der Kopf dröhnt?

Charly Gaul, Neurologe und Schmerztherapeut am Kopfschmerzzentrum in Frankfurt am Main, gibt Tipps, wie Sie Spannungskopfschmerzen unkompliziert und schnell behandeln können:

Frische Luft: Am besten lüften oder nach draußen gehen.

Massagen: Pfefferminzöl an Schläfen, Stirn und Nacken auftragen.

Kühlung: Pochen die Schläfen, kann ein kühles Gelkissen helfen.

Dehnungsübungen: So können Sie Verspannungen vermeiden und lösen.

Wärme: Sie hilft insbesondere bei einer verspannten Nackenpartie.

Weitblick: Die Augen entspannen, indem Sie in die Ferne blicken.

Schmerzmittel: Sie können bei starken Schmerzen helfen.

Wann kann ich eine Kopfschmerztablette nehmen?

Als Schmerzmittel kommen etwa Ibuprofen, Acetylsalicylsäure und Paracetamol oder eine Kombination von Acetylsalicylsäure, Paracetamol und Koffein infrage.

Der Griff zur Tablette sollte aber die Ausnahme bleiben. Sich bei Kopfschmerzen schnell eine Tablette einzuwerfen, ist laut Michalsen der falsche Ansatz.

Der Mediziner rät: "So lange es nicht massiv die Lebensqualität beeinträchtigt, würde ich mit natürlichen Heilmethoden und Hausmitteln anfangen und herausbekommen, wie weit man damit kommt."

Der Gebrauch von Schmerzmitteln könne am Ende auch einen Kopfschmerz auslösen, der durch einen Übergebrauch entsteht. Ein möglicher Teufelskreis.

Man spricht dann von einem Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch, der nicht die Ursache, sondern die Folge einer Erkrankung ist. Das einzige, was dann hilft, ist laut medizinischen Leitlinien: die Schmerzmittel absetzen.

Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft rät: Nehmen Sie Schmerzmittel nicht länger als drei Tage hintereinander und höchstens an zehn Tagen im Monat.

Gut zu wissen: Migränepatientinnen und -patienten, die um ihre Erkrankung wissen, sollten die Triptane immer zur Hand haben, aber nicht automatisiert zu ihnen greifen, rät Michalsen.

Triptane sind laut der Deutschen Gesellschaft für Neurologie ein Mittel zur Akutbehandlung bei Migräne.

Soweit man weiß, erweitern sich bei einer Migräneattacke die Blutgefäße im Gehirn aufgrund eines Serotonin-Ungleichgewichts. Serotonin ist ein Neurotransmitter, der die Spannung der Blutgefäße reguliert und zur Blutgerinnung beiträgt.

Triptane führen dazu, dass sich die Blutgefäße in der Hirnhaut verengen. Und sie aktivieren Rezeptoren, die die Weiterleitung von Schmerzreizen unterbinden.

Übrigens: Bei Erkrankungen wie dem Cluster-Kopfschmerz handelt es sich um eine sehr besondere und seltene Form von Kopfschmerzen, die Sie meistens nur durch Medikamente in den Griff bekommen.

Wie kann ich Kopfschmerzen alternativ behandeln?

Spannungskopfschmerzen und teilweise sogar Migräne lassen sich auch mit natürlichen Mitteln behandeln.

Dazu gibt es fünf sanfte Wege:

1. Pflanzliche Mittel

Pflanzliche Mittel gegen Spannungskopfschmerzen bekommen Sie in der Apotheke. Sie sollten diese entsprechend der Anleitung verwenden.

Minzöl: In die Schläfen und den Nacken einmassieren, das deaktiviert Schmerzrezeptoren. Die Kühlung trägt zur Entspannung bei.

Weidenrinde: Als Tee, Kapsel oder Tablette einnehmen.

Mädesüß: Eine Heilpflanze, in der Regel als Tee zubereitet.

Wichtig: Weidenrinde und Mädesüß beinhalten Salicylate. Der Vorläufer der Acetylsalicylsäure (ASS) ist in vielen Schmerzmittelpräparaten enthalten. Reagieren Sie darauf allergisch oder mit einer Unverträglichkeit, sollten Sie auch die pflanzliche Variante meiden.

Zur Dosierung und Anwendung pflanzlicher Mittel sollten Sie sich in der Apotheke oder beim Arzt beraten lassen. Für Kinder ist die Einnahme von ASS ungeeignet.

Alternativ kann auch eine Therapie helfen, in der Sie Vitamin B2, Magnesium und Coenzym B12 miteinander kombinieren und als Nahrungsergänzungsmittel einnehmen. Diese Dreierkombination reduziert die Schmerzen erfolgreich und ist frei verkäuflich in der Apotheke erhältlich. Lassen Sie sich vorab vom Arzt zur Einnahme beraten.

2. Kneipp-Maßnahmen

Ob Barfuß-Pfade, zum Kneippen geeignete Wasserbecken im öffentlichen Raum oder während einer Kur oder Reha - Kneipp-Maßnahmen sind ein anerkanntes Heilverfahren.

Schon gewusst? Seit 2015 sind sie von der Kultusministerkonferenz sogar ins bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen und von der Unesco anerkannt.

Das im 19. Jahrhundert von Sebastian Kneipp begründete Heilverfahren beruht laut dem deutschen Kneipp Bund auf 5 Säulen:

  1. Wasser
  2. Bewegung
  3. Ernährung
  4. Heilpflanzen
  5. Lebensordnung

Wie helfen Kneipp-Maßnahmen bei Kopfschmerzen? Kurz vor einer Migräneattacke ziehen sich die Blutgefäße zusammen. Blutgefäße reagieren auf Wärme und Kälte. Andreas Michalsen sagt, dass man die Durchblutung von Gefäßen gewissermaßen trainieren könne.

So geht's - 4 Beispiele:

  1. Warmes Fußbad: Ein Thermometer bereitlegen. Beide Beine in eine Fußwanne mit 33 Grad warmem Wasser stellen. Dann über 20 Minuten durch zulaufendes heißes Wasser auf maximal 40 Grad erwärmen. Am Ende die Füße abtrocknen und 20 Minuten mit hochgelagerten Beinen im Bett liegen.
  2. Arm-Bäder mit ansteigender Temperatur: Auch hier brauchen Sie ein Thermometer. Das Waschbecken mit lauwarmem Wasser füllen - es sollte für Sie angenehm warm, aber nicht zu heiß sein. Dann die Arme bis zur Mitte der Oberarme eintauchen. Die Temperatur über 15 bis 20 Minuten langsam auf bis zu 39 Grad steigern. Dann das Wasser abstreifen und eine Viertelstunde bis halbe Stunde Bettruhe genießen.
  3. Kalte Gesichtsgüsse: Legen Sie sich ein Handtuch um den Nacken. Drehen Sie den Duschstrahl sanft auf. Die Temperatur sollte kühl sein, möglichst unter 18 Grad. Den Duschstrahl an der rechten Schläfe ansetzen, über die Stirn zur linken Schläfe führen, dann wieder zurück zur rechten Gesichtshälfte. Mit dem kühlen Duschstrahl dreimal über die rechte Gesichtshälfte fahren und dann über die linke. Zum Schluss dreimal mit dem Duschstrahl über das Gesicht kreisen. Nach Beenden der Anwendung Wasser abstreifen, nicht abtrocknen. Tipp: Während der Anwendung durch den Mund ein- und ausatmen.
  4. Wechselduschen: Warm bis heiß duschen, bis Sie gut aufgewärmt sind. Dann den Duschstrahl kühl oder erstmal lauwarm einstellen - höchstens 13 bis 19 Grad. Nun den Körper in folgender Reihenfolge abduschen: rechtes Bein außen von Fuß bis Hüfte, am Oberschenkel innen zurück zum Fuß, das gleiche links, erst außen, dann innen. Nun den rechten Arm vom Handrücken bis zur Schulter abduschen, innen zurück von der Achselhöhle zur Hand, danach das gleiche am linken Arm. Es folgen: Brust, Bauch, Nacken, Gesicht. Das Ganze im Wechsel mit warmem Wasser zweimal wiederholen und kalt aufhören. Wasser abstreifen, eine halbe Stunde im Bett ruhen oder leicht bewegen.

Wichtig: Bevor Sie die Kneipp-Methoden anwenden, sprechen Sie bitte unbedingt mit Ihrem Arzt darüber. Bei einer bestehenden Herz-Kreislauf-Schwäche oder bei Durchblutungsstörungen eignen sich bestimmte Methoden eventuell nicht für Sie.

3. Sport und aktive Entspannung

Laut einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie hat regelmäßiger Ausdauersport einen wissenschaftlich belegten positiven Effekt auf Migräne. Sport könne die Frequenz der Anfälle nachweislich senken. Bewegung werde jedoch als Möglichkeit, sanft gegen Kopfschmerzen vorzugehen, manchmal nicht voll ausgeschöpft, so die Einschätzung von Gaul und Michalsen.

Neben sportlicher Aktivität hilft auch aktive Entspannung:

Meditation: Konzentration auf einen Gedanken, eine Empfindung und auf die Atmung richten. Sie können ruhebetont gehend, sitzend oder liegend meditieren.

Autogenes Training: Bei dem aus der Selbsthypnose entwickelten Verfahren kommen Sie durch gedankliche Konzentration - etwa auf ihre Atmung und das Erspüren ihres Körpers - zur Ruhe.

Thai Chi: Die chinesische Bewegungslehre dient heute als Form der Gymnastik, Entspannung und Konzentration. Oft erlernen Sie dabei Choreografien, die sich aus Stand- und Atemübungen zusammensetzen.

Muskelentspannung nach Jacobsen: Durch gezielte Übungen werden die Muskeln abwechselnd an- und entspannt. Dadurch kommt es insgesamt zu einer Muskelentspannung und zu einem Erholungseffekt.

Yoga: Es gibt viele verschiedene Formen von Yoga. Meist geht es bei der Praxis darum, durch die Verbindung geistiger und körperlicher Übungen den Menschen in Einklang mit sich selbst zu bringen. Auch hier spielt die Konzentration auf den Atem eine große Rolle.

Dem einen gelingt es bei einer Runde Joggen den Kopf auszuschalten, die andere kann sich in der Mittagspause zur Meditation zurückzuziehen. Welche Art der Entspannung Ihnen hilft, ist am Ende Geschmackssache und nicht zuletzt von den Lebensumständen abhängig.

Wichtig: Finden Sie etwas, dass Ihnen Spaß macht und dass Sie in den Alltag einbauen können, rät Gaul.

Gut zu wissen: Für chronische Migränepatienten wird während einer Therapie meist eine Kombination von Schmerzbewältigungstraining, Stressmanagement und Entspannungsverfahren eingesetzt.

4. Richtige Ernährung

Die Ernährung spielt zwar durchaus eine Rolle. Der Verzicht auf bestimmte Nahrungsmittel oder Inhaltsstoffe hat nach Angaben von Medizinern aber etwas an Bedeutung verloren.

Gut zu wissen: Eine Studie der University of North Carolina hat nachgewiesen, dass die Aufnahme von genügend ungesättigten Fettsäuren die Kopfschmerztage pro Monat um 2 bis 4 Tage reduzieren kann.

Im Speziellen geht es um die Aufnahme von ungesättigten Omega-3-Fettsäuren (EPA, DHA und ALA). Sie stecken vor allem in:

• fettreichem Meeresfisch wie Hering, Makrele und Lachs

• Rapsöl und Leinöl

• Nüssen

• Blattgemüse

• Chia-Samen

Andreas Michalsen empfiehlt eine pflanzliche, vollwertige, biologisch nachhaltige Ernährung mit wenigen Zusatzstoffen, E-Stoffen und Konservierungsstoffen.

Gesund ist zum Beispiel viel frisches Gemüse, das im Anbau nicht chemisch behandelt wurde und schonend gegart zubereitet wird - um möglichst viele Nährstoffe zu erhalten.

Der Experte hebt die besondere Qualität des Heilfastens hervor: Fasten löse bei 25 bis 40 Prozent der Menschen erst einmal einen Kopfschmerzanfall aus, erweist sich aber auf lange Sicht als erfolgreiche Maßnahme.

In einer Beobachtungsstudie berichtete laut Michaelsen ein Großteil der Patienten nach ein bis zwei Wochen Fasten in den folgenden sechs Monaten keine oder deutlich weniger Migräneattacken gehabt zu haben.

Wichtig: Fasten sollte unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.

5. Leben in Balance

Job, Freizeit, Familie - in vielen Bereichen des Lebens kann es zu Stress kommen. Manchmal nur kurzfristig, manchmal aber auch dauerhaft. Besteht über die Intensität des Stresses keine Kontrolle mehr, kommt es zu krankheitsauslösendem Stress.

"Stress ist gut, solange er nicht die Ressourcen übersteigt und solange man den Stress steuern kann", sagt Michalsen. Letztendlich ist es individuell und von privaten Umständen abhängig, wie viel Stress für die eigenen Ressourcen zu viel ist.

Der Mediziner weist auf die Wichtigkeit hin, täglich einmal die "Systeme runterzufahren" - und rät zu regelmäßigem Ausdauersport. Weiterhin rät Michalsen dazu, viel auszuprobieren.

Um Anspannungen zu lösen, kann zum Beispiel Folgendes helfen:

• Physiotherapie

• Cranio-Sacral-Therapie: Dabei werden durch Berührungen die natürlichen Selbstheilungsmechanismen im Körper aktiviert.

• Akupunktur

Gut zu wissen: Oft ist es eine Kombination von Dingen, die dauerhaft den Stress reduziert, so die Erfahrung von Michalsen.

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