Fahren im Winterhalbjahr

Blaulicht Sichere Fahrweise und Regelungen zu Winterreifen

Niedrige Temperaturen, schlechte Sichtverhältnisse und einiges mehr machen das Autofahren im Winterhalbjahr oft herausfordernder. Daher gelten hier einige Vorgaben, an die sich jeder Fahrer halten sollte oder gar muss.

Tatsächlich gibt es Monate mit merklich höherem Unfallaufkommen - doch es sind nicht jene, die im Winter liegen. Die Statistik zeigt, dass die meisten PKW-Unfälle mit Personenschäden in den wettertechnisch schönsten Monaten passieren. 2022 waren Mai und Juni besonders unfallträchtig. Hierfür führt das Statistische Bundesamteinen eigenen Verkehrsunfallkalender.

Allerdings sollte das keinesfalls täuschen. Im Winterhalbjahr fährt es sich dennoch insgesamt gefährlicher und es geschehen viele Unfälle. In diesem Beitrag haben wir deshalb alle wichtigen Infos für euch zusammengetragen.

Auswirkungen der Winter-Witterung auf Straße und Fahrzeug

Gerade Eis und Schnee sorgen im Winter für rutschige Fahrbahnen und herausfordernde Sichtverhältnisse. Neben diesen offensichtlichen Beeinträchtigungen wirken sich die Witterungsverhältnisse noch auf einige weitere Faktoren aus:

  1. In der kalten Jahreszeit gibt es oft viel nasses und dadurch rutschiges Laub auf den Straßen.
  2. Härtere (Reifen-)Gummimischungen von Sommerreifen verlieren durch die niedrigen Temperaturen an Grip.
  3. Zwar regnet es statistisch gesehen im Winter seltener, dafür verdunstet die Nässe nicht so gut. Dies wirkt sich ebenfalls negativ auf die Griffigkeit der Reifen auf der Straße aus.
  4. Die Sonne steht tiefer, blendet eher und auf nassen Straßen spiegelt sich alles. Durch die kürzeren Tage müssen Wege häufiger bei Dunkelheit oder trübem Licht zurückgelegt werden.
  5. Scheiben beschlagen eher oder die Sicht wird schneller durch Straßendreck (Salzablagerungen) beeinträchtigt. Gleichzeitig erhöht dies die Blendwirkung.
  6. Im Winter müsst ihr häufiger mit dichtem, hartnäckigem Nebel rechnen.

Für die besonderen Witterungsverhältnisse im Winter ist es deshalb wichtig, nicht nur die Fahrweise, sondern auch das Fahrzeug selbst daran anzupassen.

Auf Brücken friert die Fahrbahn früher, was eine häufige Unfallursache darstellt. Ein Grund ist die geringe Wärmekapazität der Brückenkonstruktion. 

Winterreifen aus technischer Sicht

Der Grund, warum es spezielle Allwetter-, M+S- (Matsch und Schnee) oder Winterreifen gibt, liegt an den kalten Temperaturen. Der Grip auf dem Untergrund beziehungsweise auch die Traktion wird von zwei Faktoren beeinflusst:

  • Eine möglichst raue Fahrbahnoberfläche bietet einen besseren Halt. Daher fährt es sich beispielsweise auf frisch gefallenem Schnee besser als auf glattem und vereistem und auf neuem, rauem Asphalt besser als auf einer glatten, älteren Fahrbahn.
  • Ein Reifenprofil, das sich gut verformen kann, damit eine möglichst große Fläche Fahrbahnkontakt hat. Hier spielen Materialmix und Profilart sowie -tiefe eine gleichberechtigte Rolle.

Schon ab +10°C werden Sommerreifen-Gummimischungen steif. Selbst mit neuwertigem Profil verlieren sie dadurch an Haftkraft. M+S- oder Winterreifen bestehen daher aus einer weicheren Mischung, die auch bei tieferen Temperaturen noch flexibler bleibt. Ein kleinteiligeres Profil gestattet im Zusammenspiel mit der besseren Verformbarkeit der weicheren Gummimischung ein "Verzahnen" insbesondere mit Schnee und ähnlichen Untergründen.

Aufgrund der weicheren Gummimischung verschleißen Winterreifen meist etwas schneller als Sommerreifen; insbesondere bei wärmeren Temperaturen. 

Winterreifen aus rechtlicher Sicht

Rund um das Thema Winterreifen halten sich einige hartnäckige Mythen. Folgendes ist, Stand Jahreswechsel 2023/2024, Tatsache:

  • Es gibt in Deutschland kein Gesetz, das eine festliegende, allgemeingültige Pflicht zur Montage von Winterreifen ab einem bestimmten Kalenderdatum oder über einen bestimmten Zeitraum vorgibt.

Allerdings gibt es hierzulande für PKW (und LKW) die sogenannte situative Winterreifenpflicht. Eine Pflicht ergibt sich demnach in Abhängigkeit der herrschenden Witterungsumstände.

Hier ist § 2 (3a) der Straßenverkehrs-Ordnung eindeutig: Nur, wenn es auf der Route Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte gibt, sind Winterreifen Pflicht - an allen Achsen. Ferner betrifft die Pflicht nur mehrspurige Fahrzeuge, die nicht zu den Nutzfahrzeugen in der Land- und Forstwirtschaft zählen. Traktoren und Motorräder sind davon also ausgenommen.

Da die gesetzlichen Vorgaben sich in anderen Staaten unterscheiden können, solltet ihr euch bei einer Reise rechtzeitig informieren, welche Regelungen in anderen Ländern gelten.

Wer bei situativer Winterreifenpflicht ohne geeignete Reifen fährt, muss mit 80 Euro Bußgeld und einem Punkt rechnen!

In den folgenden Stichpunkten haben wir alles zusammengefasst, was ihr als PKW-Fahrer beachten müsst:

  1. Pflicht: Damit ein Reifen als Winterreifen gilt, muss er auf seiner Flanke das Symbol "Berg mit Schneeflocke" tragen. Jeder Pneu ohne dieses Symbol ist dadurch automatisch rechtlich gesehen ein Sommerreifen. Ganzjahresreifen oder M+S-Reifen sind ebenfalls gestattet, wenn sie das Symbol "Berg mit Schneeflocke" aufweisen.
  2. Pflicht: Die Mindestprofiltiefe muss 1,6 Millimeter betragen. Allerdings empfehlen sämtliche Experten, darunter der ADAC, Winterreifen nur bis höchstens 4 Millimeter abzufahren.
  3. Pflicht: Die Reifen dürfen höchstens zehn Jahre alt sein. Auch hier empfehlen Experten weniger: Maximal sechs Jahre, weil die Winter-Gummimischung durch Alterungsprozesse an Elastizität verliert. Wann eure Pneus gefertigt wurden, verrät die DOT-Nummer auf der Reifenflanke.
  4. Info: Egal, welche Achse des Fahrzeugs angetrieben ist, die Winterreifen mit dem besten Profil sollten stets an der Hinterachse montiert werden.
  5. Info: Unbedingt auf das Geschwindigkeitsprofil achten. Einige Winterreifen gestatten eine geringere Höchstgeschwindigkeit als in den Fahrzeugpapieren eingetragen.

Kommt es mit Sommerreifen bei Winterreifenpflicht zum Unfall, kann der Verursacher mit bis zu 5.000 Euro von der Versicherung in Regress genommen werden. Hatte das Unfallopfer keine Winterreifen montiert, sind Leistungskürzungen der Versicherung des Unfallverursachers möglich. 

Umrüsten auf Winterreifen - der richtige Zeitpunkt

Wann genau die Zeit gekommen ist, um die Winterräder zu montieren, hängt von den Temperaturen ab. Das Thermometer kann euch hier weiterhelfen: Spätestens, wenn die Temperaturen beim Fahren dauerhaft unter 10°C liegen, sollten die Reifen aufgezogen werden - und zwar so lange, bis es wieder wärmer wird.

Sicher fahren im Winter

Moderne Winterreifen machen das Fahren selbst bei schlechten Witterungsverhältnissen sehr sicher. Dennoch ist die Sicherheit von weiteren Faktoren wie etwa der Geschwindigkeit abhängig.

Zwar gibt es keine universelle Winterreifenpflicht oder andere Vorgaben für das Fahren im Winter. Für eure eigene Sicherheit und derjenigen der anderen Verkehrsteilnehmer solltet ihr  jedoch mindestens zwischen Anfang Oktober und Ende März, respektive bei Winterwetter und -temperaturen, die folgenden Tipps berücksichtigen:

  1. Pflicht: Wenn die Sichtweite unter 50 Meter fällt, dann gilt grundsätzlich eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überall in Deutschland. Zudem müsst ihr dann die Nebelschlussleuchte einschalten.
  2. Pflicht: Bei Schnee und Eis müssen alle Fahrzeugscheiben, die Motorhaube, das Dach, der Kofferraumdeckel sowie die Kennzeichen und Leuchten komplett gereinigt werden. "Gucklöcher" in den Scheiben genügen nicht - dies wird mit unterschiedlichen Bußgeldern geahndet.
  3. Pflicht: Wird ein Höchstgeschwindigkeitsschild durch ein Schneeflocke-Symbol ergänzt, dann gilt dieses Tempolimit jahreszeit- und witterungsunabhängig. Die Schneeflocke zeigt nur an, dass der Streckenabschnitt besonders durch Eis und Schnee gefährdet ist.
  4. Info: Es ist empfehlenswert, die Fahrzeugscheiben einmal wöchentlich auch innen mit Fensterreiniger und einem guten Microfasertuch ordentlich zu säubern und auf vollständige Streifenfreiheit zu achten. Je sauberer die Scheiben, desto weniger leicht beschlagen sie und desto weniger wird das auftreffende Licht störend gestreut.
  5. Info: Luftfeuchtigkeit sammelt sich bei kälteren Temperaturen verstärkt auch im Fahrzeuginneren - allein schon durch die Atemluft. Hier hilft es, etwas Salz oder mitwasserabsorbierendem Granulat in einem Behälter ins Auto zu stellen, um die Feuchtigkeit aufzunehmen.
  6. Gefrorene Scheiben niemals mit Wasser auftauen, sie reißen sonst!
  7. Info: Bei Regenwetter und kalter Witterung, bei der die Atemluft zu sehen ist, solltet ihr das Fahrzeug vor dem Losfahren mit Frischluftzufuhr aus der Klimaanlage laufen lassen, bis alle Scheiben frei sind. So wird die Luft im Innenraum getrocknet und befördert die Feuchtigkeit nach draußen. Heizen mit eingeschalteter Umluft ist daher falsch. Doch Vorsicht: Reines Warmlaufenlassen des Motors ist verboten.
  8. Info: Blätter und ähnliche Fremdkörper rund um die Scheibenwischer solltet ihr vor Fahrtantritt entfernen, damit sie beim Wischen nichts verschmieren können.
  9. Info: Es empfiehlt sich, bei tiefstehender Sonne trotz Tagfahrlicht das Abblendlicht einzuschalten, die Sonnenblenden zu nutzen und eine saubere, entspiegelte, nicht zu dunkle Sonnenbrille griffbereit zu halten. Zudem kann es helfen, den Sitz höher und die Lehne senkrechter zu stellen.
  10. Info: Auch wenn es noch so kalt ist: Im Auto solltet ihr für eure eigene Beweglichkeit, die Sicht und die Wirkung von Gurt und Airbag keine dicke Winterjacke tragen.
  11. Info: Praktisch alle Autos haben heute ein ABS (Antiblockiersystem). Selbst auf Schnee und Eis heißt es bei einer Notbremsung deshalb "voll drauftreten und nötigenfalls sanft gegenlenken, bis das Fahrzeug steht". Das Ruckeln/Vibrieren im Pedal zeigt das arbeitende Anti-Blockier-System.

Zwar gelten im Winterhalbjahr keine besonderen (= universellen) Geschwindigkeitsregelungen. Dennoch muss das Fahrverhalten an die Straßen- und Witterungsbedingungen angepasst werden. Das bedeutet tendenziell immer etwas langsamer zu fahren, größere Abstände zu halten und stets bremsbereit zu sein. Schon hinter der nächsten Biegung kann matschiges Laub auf der Straße liegen, eine Pfütze gefroren sein oder ein Rest Schnee liegen. Daran ändern auch all die technischen Helfer in modernen Autos nichts.

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