Mentale Stärke: 9 Tipps, die Sie resilienter machen

Belastbar und krisenfest Vielleicht haben Sie schon von Resilienz gehört. Die braucht es, um gut durch schwierige Zeiten zu kommen. Entscheidend dabei: Mentale Stärke lässt sich aufbauen. Wir erklären, worauf es ankommt.

Viele Menschen haben immer mal wieder das Gefühl, dass ihnen Dinge entgleiten. Dass die Krisen nicht mehr beherrschbar sind und auch das eigene Leben aus den Fugen gerät. Solche Herausforderungen gehören zum Leben oft dazu. Aber: Man kann lernen, besser mit ihnen umzugehen.

Die Psychologin Muriel Böttger ist auf positive Psychologie spezialisiert, bietet Coachings an und weiß: Mentale Stärke ist trainierbar. Das Schlüsselwort lautet Resilienz.

Es beschreibt die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen und Krisen ohne anhaltende psychische Beeinträchtigungen zu überstehen. Es geht also nicht darum, allen Hürden aus dem Weg zu gehen - sondern darum, diese besser zu meistern.

Eine fitte Psyche und ein gesunder Körper tragen wesentlich dazu bei, resilienter zu werden - auch wenn das Leben mal schwierig ist.

Böttger vergleicht das mit einem Basketball: Ein voll aufgepumpter Ball, der mit Wucht auf den Boden prallt, springt wieder zurück auf die Ausgangshöhe. Je weniger Luft im Ball ist, desto schlechter springt er zurück. Er erreicht nicht wieder dieselbe Höhe.

Mit diesen 11 Tipps stärken Sie Ihre mentale Widerstandsfähigkeit:

Tipp 1: Digital Detox – weg mit dem Handy

Dieser Rat klingt simpel und fällt vielen trotzdem schwer: Legen Sie das Smartphone öfter mal gezielt zur Seite.

Der Flut an Reizen durch das Handy sind wir auf Dauer nicht gewachsen, sagt Böttger. Insbesondere die sozialen Medien vereinnahmen uns sehr. Dadurch lässt auch unsere Aufmerksamkeit nach.

Außerdem besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen erhöhtem Internetkonsum und körperlicher und psychischer Belastung:

38 Prozent der Vielsurfer (fünf Stunden und länger täglich) leiden unter Nervosität und 40 Prozent zeigen überdurchschnittlich häufig depressive Symptome wie Stimmungsschwankungen. Das ergab eine Studie der Techniker Krankenkasse ("Schalt mal ab, Deutschland!").

Zu den weiteren Belastungssymptomen gehören:

  • Konzentrationsstörung (30 Prozent)
  • Erschöpfung (36 Prozent)
  • Müdigkeit (34 Prozent)

Das passiert, wenn wir das Handy öfter mal aus der Hand legen:

  • Wir fokussieren uns wieder mehr.
  • Wir schonen unser Gehirn, weil es nicht ununterbrochen von Inhalt zu Inhalt springen muss - was enorm ermüdet.
  • Wir haben wieder mehr Kapazitäten für tiefgründige Gespräche.

Tipp 2: Ausreichend schlafen - was dabei hilft

Ein vitaler Körper ist auch gut für die mentale Fitness.

Laut der American Psychological Association (APA) kann ein gesunder Körper sich eher an Stress anpassen und damit die Auswirkungen von starken Emotionen besser abfedern. Maßgeblich für die körperliche Gesundheit ist unter anderem: ausreichend Schlaf.

Wer gut ein- und durchschläft, kann sich glücklich schätzen. Allen anderen kann eine bessere Schlafhygiene helfen:

  • Legen Sie Handy, Laptop und andere Geräte mindestens 30 Minuten vor dem Schlafengehen beiseite, um den Bildschirmkonsum zu beenden.
  • Machen Sie das Schlafzimmer zu einer Oase der Ruhe. Achten Sie zumindest darauf, dass es dort leise und dunkel genug ist.
  • Schlafen Sie regelmäßig und entsprechend Ihrem Rhythmus.

Wichtig: Während einige Menschen Frühaufsteher sind, gehen andere lieber spät ins Bett und stehen spät auf. All das ist in Ordnung, solange insgesamt ausreichend geschlafen wird. Jeder sollte für sich herausfinden, was am besten zu ihm passt.

Tipp 3: Ernähren Sie sich gesund

Eine ausgewogene Ernährung ist auch für die Psyche wichtig. Was wir essen, wirkt sich auf zahlreiche Gehirnfunktionen aus. Belegt ist dieser Zusammenhang vor allem in Bezug auf Depressionen.

Eine gesunde Ernährung - insbesondere mit viel Gemüse und Obst und der möglichst wenig entzündungsfördernden Lebensmitteln - kann das Risiko senken, depressive Symptome zu entwickeln. Das zeigt etwa eine Metaanalyse der US-Universität Fairfield von 2022.

Nicht förderlich sind den Autoren zufolge:

  • fetthaltige und zuckerreiche Lebensmittel
  • ein hoher Fleischkonsum

Das bedeutet aber nicht, dass Sie strikt nach Plan essen müssen. Hören Sie auf Ihren Körper, rät Böttger. Fragen Sie sich: Was brauche ich? Worauf habe ich Appetit? Ernähren Sie sich so, dass Sie sich damit gut und gesund fühlen.

Und seien Sie nicht zu hart zu sich, das kann kontraproduktiv sein. Ab und zu Fast Food ist okay.

Wie sieht es mit Alkohol aus?

Alkohol kann sich negativ auf die Psyche auswirken. Manchen Menschen geht es mental besser, wenn sie grundsätzlich auf Alkohol verzichten, so die Beobachtung der Expertin. Das ist aber kein Muss.

Entscheidend sind Menge und Häufigkeit. Wenn ein Abend nur noch mit Alkohol nett sei, dann gebe es vermutlich ein Problem, sagt Böttger. Oder wenn das Bier zum Runterkommen am Feierabend Pflicht ist. Auch täglicher Konsum ist ein eindeutiges Alarmzeichen.

Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO gibt es keine Menge an Alkohol, die für die Gesundheit zweifelsfrei risikolos ist.

Tipp 4: Sport - aber in Maßen

Sport wirkt sich positiv auf die Psyche aus. Moderate Belastung für den Körper wirkt nachweislich antidepressiv, zeigt die Forschung. Das belegt unter anderem eine Metaanalyse von griechischen, britischen und kanadischen Wissenschaftlern aus dem Jahr 2018.

Zum Sport gehört auch, dass man manchmal Misserfolge erlebt und verliert. Damit umgehen zu lernen, stärkt auf lange Sicht die Psyche und macht auch in anderen Lebenslagen gelassener.

Laufen, Schwimmen, Pumpen - was ist besser?

Suchen Sie sich den Sport aus, der Ihnen gefällt. Ausdauersport ist zwar erwiesenermaßen gut für den Stressabbau. Wenn Sie allerdings lieber Kraftsport machen, dann ist das auch völlig okay. Entscheidend ist, dass die Bewegung Spaß macht und man dranbleibt.

Wichtig: Überfordern Sie sich nicht.

Zu viel Sport kann Stress verursachen. Genauso wie übermäßige geistige Arbeit sorgt auch übermäßiges physisches Training für eine Ermüdung, ergab eine französische Studie. Wo die Grenze zwischen Training und Übertraining verläuft, ist individuell.

Ich habe keine Zeit für Sport - was tun?

Schon ein wenig mehr regelmäßige Bewegung im Alltag wirkt sich positiv auf unsere psychische und physische Gesundheit aus:

  • Lassen Sie Ihr Auto stehen und nehmen Sie das Fahrrad.
  • Laufen Sie ein paar Busstationen.
  • Nehmen Sie die Treppen statt des Aufzugs.
  • Unternehmen Sie lange Spaziergänge.

Tipp 5: Achtsamkeit und Entspannung

Es klingt vielleicht abstrakt, aber Achtsamkeit stärkt die Resilienz. Dabei geht es nicht um irgendwelche komplizierten Techniken.

Die American Psychological Association (APA) rät zum Beispiel: "Denken Sie über die positiven Aspekte Ihres Lebens nach und erinnern Sie sich an die Dinge, für die Sie dankbar sind, auch wenn Sie persönliche Schwierigkeiten haben." Schreiben Sie diese auf.

Entspannung hilft, achtsam zu sein. Ob durch Massage, Yoga oder Meditation - jeder sollte tun, was ihm liegt.

Wichtig ist allerdings, dass man Entspannung und Achtsamkeit auch wirklich in den Alltag integriert und täglich auf einen Ausgleich achtet. Etwa durch: 

  • Atemübungen
  • Traumreisen
  • Meditationseinheiten

Tipp: Muriel Böttger nutzt eine Meditations-App. "Apps können einen wunderbar im Meditieren anleiten", sagt sie. Ihr Rat: Entscheiden Sie sich für eine App und benutzen Sie diese regelmäßig.

Besonders an stressigen Tagen, an denen Erholung besonders nötig wäre, kommt diese oft zu kurz. Hier hilft Routine. Planen Sie Auszeiten fest in den Tagesablauf ein, rät Verena Haun, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Uni Würzburg.

Tipp 6: Es muss nicht gleich Selbstliebe sein

Der Begriff Selbstliebe ist weitverbreitet. Doch dieser Anspruch ist oft unrealistisch und kann letztlich ganz schön stressen.

"Selbstliebe ist etwas hochgegriffen", sagt Muriel Böttger. Sie hält Selbstfürsorge für den besseren Begriff, auf Englisch: Self Care.

Das heißt: Kümmern Sie sich um sich selbst. Seien Sie achtsam mit sich, bleiben Sie in einem inneren Dialog. Die Bedürfnisse anderer dürfen für einen Moment ausgeblendet werden, sagt die Expertin.

Praxis-Tipp: Legen Sie eine Liste mit Dingen an, die Ihnen guttun.

Tipp 7: Auszeiten nehmen – bevor der Körper streikt

Auszeiten sind wichtig für Körper und Geist. Sie fördern Regeneration und Achtsamkeit. Beides ist wichtig, um resilient sein zu können.

Wie baue ich Auszeiten in meinen Alltag ein?

Wer drei bis vier Wochen am Stück verreisen oder sogar ein Sabbatical machen kann - schön. Doch es geht vor allem auch um kleine Auszeiten im Alltag, die im Grunde noch wichtiger sind:

  • Spaziergänge und Wanderungen
  • ein Wochenendtrip, etwa um Freunde zu besuchen
  • Ausflüge und andere entspannte Aktivitäten

Tipp: Lieber öfter kürzere Pausen nehmen, als gestresst und total erschöpft in den einzigen Urlaub zu starten. "Wer im Urlaub direkt krank wird, hat zu viel Stress", sagt Böttger.

Vor allem eine Auszeit in der Natur kann in Bezug auf die Erholung wahre Wunder wirken. Auch das ist erwiesen. "Wir brauchen die Natur, die verlangsamten Reize tun uns gut", sagt die Expertin.

Ausgleich schafft man aber nicht nur durch Urlaub. "Wichtig ist, gedanklich Abstand von den Anforderungen der Arbeit zu gewinnen", sagt Prof. Verena Haun, die zu Erholung lehrt und forscht.

Gut zu wissen: Nicht nur Entspannung trägt zur Erholung bei. Sondern auch das Gefühl, eine Herausforderung kompetent zu meistern. Oder selbst darüber zu bestimmen, wie man seine Freizeit gestaltet.

Tipp 8: Soziale Kontakte pflegen

Der Mensch ist ein soziales Wesen - das Miteinander tut uns gut.

Wieso ist das wichtig für die Resilienz? Der Kontakt zu einfühlsamen und verständnisvollen Menschen könne uns während schwieriger Phasen daran erinnern, dass wir nicht allein damit sind, schreiben die Fachleute von der American Psychological Association (APA).

Gut zu wissen: Laut Psychologin Böttger sind auch digitale Kontakte gut für die Seele. Sie rät aber zu regelmäßigen analogen Treffen mit Menschen, die einem wichtig sind - mindestens einmal pro Woche.

"Investieren Sie in Ihre Freundschaften – Worte, Geschenke und Zeit", sagt Böttger. Umgeben Sie sich mit Menschen, denen Sie gerne etwas geben und von denen Sie gerne etwas bekommen.

Doch auch die kleinen Alltagskontakte sind gut für unser Wohlbefinden: Ein netter Austausch mit der Supermarkt-Kassiererin oder mit dem Kollegen - all das nährt die Seele.

Tipp 9: Zu viel Stress erkennen - und minimieren

Zu viel Stress tut nicht gut - klingt logisch. Doch es fällt Menschen gar nicht so leicht zu erkennen, wann sie gestresst sind. "Suchen Sie nach Markern", rät Böttger. Einige Beispiele:

  • schlechte Laune
  • kein Appetit
  • übermäßiges Essen
  • Probleme mit dem Einschlafen
  • Nägelkauen

Die Anzeichen sind individuell verschieden. Wer seine persönlichen Alarmzeichen kennt, weiß, wann er gegensteuern sollte.

Stress gehört bis zu einem gewissen Grad zum Leben, er muss nicht ganz vermieden werden. Aber er sollte sich im Rahmen halten.

Anspannung und Entspannung funktionieren wie zwei Regler, die sich nicht gleichzeitig aufdrehen lassen. Deshalb rät Böttger zu einem Wechsel - in Kombination mit einem guten Zeitmanagement.

Natürlich gibt es Dinge, die erledigt werden müssen. Eine gute Einteilung der To-Dos kann dabei helfen, Stress zu reduzieren.

Zeitmanagement optimieren - so geht es:

Überlegen sie sich morgens, was am Tag zu tun ist und in welcher Reihenfolge eine Abarbeitung Sinn ergibt. Oder noch besser: Planen Sie am Sonntag für die nächste Woche. So lassen sich alle To-Dos über die Woche verteilen und nichts ballt sich am Ende.

Ratsam ist auch, die Erholungspausen gleich mit auf die Agenda zu setzen - und vielleicht sogar in den Terminkalender einzutragen.

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