So nützlich ist eine vegetarische Ernährung

Gegen Klimakrise, Hunger und Pandemien Für das eigene Gewissen, für die Figur und Gesundheit, für das Klima: Es gibt viele Gründe, warum Menschen sich vegetarisch ernähren. Doch was bringt uns die pflanzenbasierte Kost wirklich?

Zu einer ausgewogenen, gesunden Ernährung gehört ein großer Anteil an Obst und Gemüse. Experten empfehlen fünf Portionen pro Tag. Doch immer mehr Menschen gehen noch weiter und entscheiden sich für eine rein pflanzenbasierte Kost. Warum?

Eine vegetarische Ernährung bringt viele Vorteile:

  • für die eigene Gesundheit
  • für das Klima
  • für die Wirtschaft
  • zur Bekämpfung des Welthungers

7 Fakten, die für eine vegetarische Lebensweise sprechen:

1. Vegetarische Ernährung schützt das Klima

Laut Fleischatlas 2021 hat sich der Fleischkonsum in den vergangenen 20 Jahren weltweit mehr als verdoppelt. 2018 wurden 320 Millionen Tonnen Fleisch verzehrt. Bis 2028 wird der Konsum vermutlich noch einmal um 13 Prozent wachsen.

Der Ressourcenverbrauch für die Fleischproduktion zeigt, wie immens die Folgen für Erde und Klima sind.

"In Deutschland können fünf Prozent der Treibhausgasemissionen direkt der Tierhaltung zugeordnet werden", sagt Knut Ehlers, Landwirtschaftsexperte beim Umweltbundesamt.

Nicht einberechnet sind hier indirekte Emissionen, etwa in Form von CO2. Diese fallen zum Beispiel bei der Herstellung von synthetischem Dünger oder durch die landwirtschaftliche Nutzung ehemaliger Moorstandorte für den Futtermittelanbau an.

Sie fragen sich, wie die Treibhausgasemissionen durch die Tierhaltung entstehen? Ganz grob setzen sie sich so zusammen:

  • Methan-Gas entsteht insbesondere beim Verdauungsvorgang von Wiederkäuern wie Rindern, Schafen und Ziegen.
  • Lachgas (N2O) entsteht durch die Lagerung und Düngung mit tierischen Ausscheidungen wie Gülle.

Tipp: Welchen ökologischen Fußabdruck Sie mit ihrer Lebensweise hinterlassen, ermitteln Sie mit dem Rechner des Umweltbundesamtes.

2. Vegetarische Ernährung spart Ressourcen

Nutztiere hinterlassen einen gewaltigen ökologischen Fußabdruck. Für die Produktion eines Kilogramms Rindfleisch werden laut Fleischatlas 2021 im Schnitt 15 415 Liter Wasser aufgewendet.

Zum Vergleich: Landwirte brauchen für die Produktion von...

  • Gemüse im Schnitt 322 Liter Wasser pro Kilo.
  • Früchten im Schnitt 962 Liter Wasser pro Kilo.
  • Hülsenfrüchten rund 4055 Liter Wasser pro Kilo.

Der durchschnittliche Wasserverbrauch pro Kilo ist bei Rindfleisch fast um ein Zehnfaches höher als bei Getreide mit 1644 Litern.

"Eine pflanzliche Ernährung ist definitiv weniger ressourcenintensiv als eine fleischlastige", sagt Knut Ehlers.

Halten Sie sich auch die folgenden Fakten vor Augen:

  • Fleisch produziert nicht nur mehr Treibhausgase.
  • Fleisch verbraucht meist auch mehr Wasser und Energie.
  • Fleisch hat einen extrem großen Flächenbedarf: Global gesehen werden ein Drittel der Ackerflächen für den Anbau von Futterpflanzen genutzt. In Deutschland sind es knapp 40 Prozent.

"Diese Flächen könnte man nutzen, um direkt Menschen zu ernähren - ohne den Umweg über das Tier", sagt Ehlers.

Auch gesundheitlich wäre das sinnvoll: Beim sogenannten Veredlungsschritt - also bei der Umwandlung von pflanzlichen Nährstoffen als Tierfutter in tierische Nährstoffe - gehen etwa 80 Prozent der Nährstoffe verloren, je nach Tierart und Fütterung.

In der Studie "Ökologische Fußabdrücke von Lebensmitteln und Gerichten in Deutschland" finden Sie eine Liste an Nahrungsmitteln - samt Energiebedarf sowie Treibhausgas- und Wasser-Fußabdrücken.

3. Vegetarische Ernährung fördert die Gesundheit

"Ob vegetarisch oder flexitarisch - jede Ernährungsweise, die unseren Fleischkonsum reduziert, wirkt sich positiv auf die Umwelt und auf die Gesundheit aus", sagt Margareta Büning-Fesel, Leiterin des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE).

Im Jahr 2021 lag der durchschnittliche Fleischkonsum in Deutschland bei etwa 55 Kilo. Das war der niedrigste Wert seit der Berechnung des Verzehrs im Jahr 1989 - aber noch mehr als ein Kilo pro Woche.

Zum Vergleich: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt etwa 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Person und Woche. Sie hält also etwa die Hälfte dieses Wertes oder weniger für gesundheitlich vertretbar.

Eine pflanzenbasierte Ernährung bringt gesundheitliche Vorteile mit sich. Vegetarier leiden laut der Expertin seltener unter:

  • Übergewicht
  • Diabetes
  • Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems

4. Vegetarische Ernährung als Chance für die Wirtschaft

Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung in Deutschland ernähren sich doppelt so viele 15- bis 29-Jährige vegetarisch oder vegan - das zeigen Auswertungen des Fleischatlas 2021.

Die steigende Nachfrage der jüngeren Generation nach pflanzlichen Produkten und Fleischalternativen eröffnet neue Chance, erfordert aber auch ein Umdenken.

"Wir brauchen eine Phasing-Out-Strategie für die intensive Tierhaltung", sagt Ehlers. Denn ein großer Teil des Einkommens der deutschen Landwirte basiert auf der tierischen Produktion.

In den letzten Jahrzehnten lag der Fokus darauf, immer mehr und immer effizienter zu produzieren - und war stark auf den Export ausgerichtet. "Wir wissen schon lange, dass wir umdenken müssen."

Fleischproduzenten müssen sich Alternativen überlegen und langfristig planen können. "Eine zukunftsfähige Landwirtschaft muss die ökologischen Funktionen der Natur und der Biodiversität optimal managen", sagt Büning-Fesel vom BZfE.

"Wir müssen zu einer ökologischen Intensivierung der Landwirtschaft kommen, die standortgerecht ist, die eine große Vielfalt an unterschiedlichen Lebensmitteln anbaut und dabei auch die Lebensgrundlage der Landwirte verbessert", erklärt Büning-Fesel.

Landwirte sollten vermehrt nach Alternativen in der pflanzlichen Produktion suchen: Hülsenfrüchte wie Lupinen, Kichererbsen, Soja und Quinoa könnten sie heimisch anbauen und zum Beispiel für die Produktion von Fleischersatzprodukten verwenden.

Mit Blick auf die steigende Nachfrage bei vegetarischen Lebensmitteln durchaus ein lukratives Geschäft.

5. Vegetarismus kann Pandemien verhindern

Betriebe mit Massentierhaltung bieten einen idealen Nährboden für die Ausbreitung von Krankheitserregern.

60 Prozent aller Infektionskrankheiten beim Menschen sind Zoonosen, schätzt die Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE).

Als Zoonosen gelten Infektionskrankheiten, die von Mensch zu Tier und von Tier zu Mensch übertragbar sind. Sie verursachen nach Angaben des Fleischatlas 2021 jährlich etwa:

  • 2,5 Milliarden Krankheitsfälle
  • 2,7 Millionen Todesfälle

Zoonosen werden unter anderem begünstigt, indem der Mensch zunehmend in die Lebensräume von Wildtieren vordringt, um die Flächen für die landwirtschaftliche Produktion zu nutzen.

Je mehr sich die Lebensräume von Wildtieren und Menschen überschneiden, desto größer ist das Risiko, sich an infizierten Tieren anzustecken, warnt der Bericht.

Bekannte "Tier-zu-Mensch-Seuchen" sind etwa:

  • Vogelgrippe (H5N1)
  • Schweres akutes Atemwegssyndrom (SARS)
  • Middle East Respiratory Syndrome (MERS)
  • "Rinderwahn" (BSE)
  • Covid-19

6. Vegetarismus führt zu weniger Hunger in Entwicklungsländern

"Die weltweite Nahrungsmittelproduktion reicht im Prinzip aus, um den Kalorienbedarf der Weltbevölkerung zu decken, aber die Lebensmittel sind ungleich und oft ungerecht verteilt", erklärt Büning-Fesel.

Nur rund 40 Prozent der wichtigsten geernteten Feldpflanzen bleiben den Menschen nach Angaben des Fleischaltlas 2021 zur Ernährung. Der Bedarf an Futtermitteln und damit verbundenen Ackerflächen stellt also ein enormes Problem für Entwicklungsländer dar.

"Unsere Art der Ernährung hat Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit der Menschen im Globalen Süden", sagt Andrea Sonntag, Referentin für Ernährungspolitik der Welthungerhilfe.

So Armut kommt zustande:

  1. Westliche Länder importieren Getreide und Ölsaaten wie Soja. Oder sie kaufen in Entwicklungsländern Agrarflächen auf, weil sie auf heimischem Boden allein den großen Bedarf an Futtermitteln nicht decken können.
  2. Dadurch fehlen der heimischen Bevölkerung im Globalen Süden die Flächen, um selbst Nahrungsmittel anzubauen. Nicht selten werden ursprüngliche Nutzer der Anbaugebiete - Kleinbauern, Hirtennomaden, indigene Völker - Opfer von Landraub.
  3. Die Einheimischen verlieren damit ihre Existenzgrundlage. Die Folge sind Armut und Hunger.

"Darüber hinaus machen wir den Menschen in ärmeren Regionen auch ihr Wasser streitig", sagt Andrea Sonntag. Die Landwirtschaft sei weltweit der größte Wasserverbraucher. "Und der großflächige Anbau von Futtermitteln für die Fleischproduktion verschärft den Mangel in Ländern des Globalen Südens, die ohnehin unter Wasserknappheit leiden."

7. Es gibt Alternativen und Lösungen für das Problem

Ansätze für neue Ernährungsstrategien gibt es viele. Zwei Beispiele:

  • mehr pflanzliche Proteinlieferanten wie Hülsenfrüchte konsumieren
  • Insekten als Futtermittel oder Lebensmittel nutzen

Büning-Fesel verweist auf die sogenannte Planetary Health Diet (PHD). Das ist ein von Wissenschaftlern entwickelter Speiseplan, der die Gesundheit von Mensch und Planet gleichermaßen schützen soll.

"Diese Ernährungsweise ist zwar nicht vegetarisch oder vegan, aber der Anteil tierischer Produkte ist deutlich geringer als das, was aktuell davon konsumiert wird", so die Leiterin des Bundeszentrums für Ernährung. "Die PHD stimmt im Großen und Ganzen mit den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung überein."

Der Speiseplan zeigt, dass eine grundlegende Veränderung unserer Ernährungsweise nötig ist, um alle Menschen dieser Erde bis zum Jahr 2050 nachhaltig und gesund zu ernähren.

Eine PHD-Ernährungsweise enthält beispielhaft Folgendes:

Täglich:

  • rund 300 Gramm Gemüse
  • 232 Gramm Vollkornprodukte
  • 75 Gramm Hülsenfrüchte
  • 250 Milliliter Vollmilch oder eine kleine Scheibe Käse
  • 50 Gramm Nüsse

Wöchentlich:

  • ein bis zwei Eier
  • etwa 200 Gramm Fischfilet
  • ein Hähnchenbrustfilet - als Beispiel für die Menge an Geflügel
  • 196 Gramm Rindfleisch

Fazit: Weniger Fleisch essen wäre besser

Ob rein pflanzliche Ernährung oder flexitarisch - um einen Beitrag zum Schutz des Planeten, der eigenen Gesundheit und des Wohlergehens der Menschheit zu leisten, müssten wir nicht alle zu Vegetariern werden. Doch: "Eine Halbierung des Fleischkonsums würde enorme positive Auswirkungen auf die Umwelt haben", sagt Ehlers.

Auch Sonntag ermutigt zum Fleischverzicht: "Wenn wir weniger Fleisch essen und darauf achten, dass es aus nachhaltiger und regionaler Produktion stammt, kommt das nicht nur unserer Gesundheit zugute, sondern auch dem Klima weltweit und den Menschen in den jeweiligen Produktionsländern."

Und Büning-Fesel gibt zu bedenken: "Es muss jedem klar sein, dass es ein "weiter so" der bisherigen Ernährungssysteme nicht geben kann." Jeder Kontinent und jedes Land müsse eine zukunftsfähige und jeweils angepasste Ernährungsstrategie entwickeln, um auf Dauer deutlich ressourcenschonender und weniger klimaschädlich zu werden.

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