So sichern Sie Ihr Haus gegen Sturm und Unwetter

Schutz für das Dach Heftige Unwetter im Anmarsch? Ein Sturm kann dem eigenen Haus ganz schön zusetzen, vor allem dem Dach. Doch viele Schäden lassen sich eventuell vermeiden - auch kurzfristig noch.

Unwetter- und Sturmwarnungen können beängstigend sein. Doch mit etwas Faktenwissen und entsprechender Vorsorge können Sie größere Schäden oft vermeiden. In diesem Überblick finden Sie alle wichtigen Informationen:

Ab wann ist starker Wind ein Risiko für mein Haus?

Nicht jede steife Brise ist gleich ein gefährlicher Sturm.

Die Beaufortskala klassifiziert die Windstärken anhand der Auswirkungen. Demnach ist "Sturm" bei Stufe 9 erreicht. Der Wind bläst dann mit mindestens 75 Stundenkilometern (km/h).

Die erwartbaren Auswirkungen: Äste können von Bäumen abbrechen und kleinere Schäden an Häusern entstehen. So können etwa Dachziegel oder Rauchhauben angehoben werden.

Wohngebäudeversicherungen greifen laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) schon ab Windstärke 8 (62 km/h) - laut Beaufortskala ist das "stürmischer Wind". Zweige können von Bäumen abbrechen, das Gehen im Freien ist erheblich erschwert.

Doch nicht nur die Windstärke ist entscheidend. Denn Wind greift ein Haus nicht nur frontal an, sondern auch über:

  • Sogkräfte: Dadurch können auch auf der windabgewandten Dachseite Dachziegel und Teile der Verkleidung mitgerissen werden.
  • Druckkräfte bzw. Staudruck: Durch Hebekräfte kann es besonders im Umfeld von Carports und offenen Schuppen zu Zerstörungen kommen, wenn die Dächer von unten angehoben werden.
  • Indirekten Einfluss: So kann Wind beispielsweise einen instabilen Baum umreißen, was dann Schäden verursacht.

Welche Windstärke hält mein Haus aus?

Laut Beaufortskala sind kleinere Schäden an Häusern ab einer Windgeschwindigkeit von 75 km/h zu erwarten.

Die Windkräfte spielen durch ihre potenziell gefährliche Wirkung auf das Bauwerk schon bei den statischen Überlegungen zu einem Neu- oder Umbau von Gebäuden eine Rolle. Dazu werden DIN-Normen herangezogen. Diese wiederum beruhen laut der Verbraucherzentrale NRW auf meteorologischen Erfahrungs- und Durchschnittswerten.

Es wird etwa berücksichtigt, wie viel Schneelast in einer bestimmten Region zu erwarten ist - oder welche Windlast. Die beschreibt die Druckverteilung, der Gebäude durch Windströmungen ausgesetzt sind.

Deutschland ist in vier Windzonen eingeteilt, die angeben, wo Stürme mit welchen Geschwindigkeiten zu erwarten sind.

Aufsteigend sind das:

  • Windzone 1 mit einer mittleren Windgeschwindigkeit von 22,5 m/s (81 km/h)
  • Windzone 2 mit einer mittleren Windgeschwindigkeit von 25,0 m/s (90 km/h)
  • Windzone 3 mit einer mittleren Windgeschwindigkeit von 27,5 m/s (99 km/h)
  • Windzone 4 mit einer mittleren Windgeschwindigkeit von 30,0 m/s (108 km/h)

Rüdiger Höffer, Professor an der Ruhr-Universität Bochum und Prüfingenieur für Baustatik, erklärt: "In jeder Windzone werden charakteristische Extremwindgeschwindigkeiten angegeben, von denen erwartet werden muss, dass sie in einem Zeitraum von 50 Jahren in einer Höhe von zehn Metern einmal erreicht werden können."

Die größten Teile Deutschlands befinden sich demnach in den Windzonen 1 und 2. Laut der aktuellen Zuordnung der Windzonen des Deutschen Instituts für Bautechnik finden sich Regionen mit den Windzonen 3 und 4 nur in vier Bundesländern:

  • Schleswig-Holstein
  • Niedersachsen
  • Bremen mit Bremerhaven
  • Mecklenburg-Vorpommern.

Je nach Windzone werden Höffer zufolge unterschiedliche Windgeschwindigkeiten für die Tragwerksbemessung relevant.

Neben der zu erwartenden mittleren Extremgeschwindigkeit spielen für die Windkräfte auch andere Einflussfaktoren eine Rolle, die bei baulichen Berechnungen anzusetzen sind. Beispiele:

  • die Topografie
  • die Geländerauigkeit
  • Kuppen- oder Muldenlagen
  • die Höhe des Bauwerks
  • die Böigkeit des Windes

Ergebnis: Unterm Strich addieren sich diese Faktoren zusammen mit einem Sicherheitsbeiwert so auf, dass ein Haus am Ende etwa einer Windgeschwindigkeit standhalten können muss, die am Ort statistisch einmal in 1000 Jahren vorkommt.

"Mit diesem Konzept hat man erreicht, dass die extremen Windgeschwindigkeiten einschließlich der höchsten jemals in Deutschland gemessenen Böengeschwindigkeiten unter Berücksichtigung der Standortgegebenheiten abgedeckt sind", erklärt Höffer.

Wichtig: Eine ausreichende Widerstandskraft darf allerdings nur für Häuser angenommen werden, die korrekt geplante, einwandfrei erhaltende und schadensfreie Tragwerke haben, betont der Experte.

Natürlich seien auch korrekte Berechnungen und eine gute Ausführung Voraussetzung.

Bauteile wie leichte Fassaden, Fenster, Türen und Co. können auch schon bei geringerer Windlast Schaden nehmen.

Folgende Extremwindgeschwindigkeiten - ohne Randgeschwindigkeiten von Tornados - wurden in Deutschland bisher gemessen: 

  • 184 km/h in List auf Sylt
  • 265 km/hauf dem Wendelstein (1838 Meter)
  • 335 km/h in einer Böe auf der Zugspitze

Gut zu wissen: Immer wieder kommt es in Deutschland auch zu Tornados. Sie werden mit der sogenannten Fujita-Skala klassifiziert. Diese reicht von F0 bis F10, wobei auf der Erdoberfläche bisher noch kein Tornado gemessen wurde, der höher als F5 klassifiziert wurde. Die Klassen F6 bis F10 umfassen lediglich theoretische Werte.

"Prinzipiell können nach unserer Normung bemessene Tragwerke Tornados der Fujita-Klasse 0 bis 1 widerstehen", sagt Höffer. "Die Gebäudehülle aber oftmals nicht!"

Dem Experten zufolge wurden hierzulande durchaus schon Tornados der Klassen 3 und 4 beobachtet - etwa im Mai 2015 in der Kleinstadt Bützow im Landkreis Rostock. Der Tornado erreichte Randgeschwindigkeiten von sage und schreibe 299 km/h.

Dabei wurden nach Angaben des GDV 126 Häuser beschädigt, mindestens 16 waren danach unbewohnbar. Die Versicherer leisteten über 40 Millionen Euro für entstandene Schäden.

Wichtig: Ist ein Tornado im Anrücken, gehen Menschenleben vor. Suchen Sie umgehend Schutzräume auf, etwa Ihren Keller.

Haus und Garten: Was ist vor einem Sturm zu tun?

Alles, was potenziell zum Geschoss werden könnte, sollte weggeräumt oder entsprechend befestigt werden. Zwei typische Beispiele nennt die Verbraucherzentrale NRW in ihrem Ratgeber "Unwetter Gebäude-Check":

  • eine Gartenschaufel, die noch irgendwo herumliegt
  • einen Blumentopf, der unbefestigt auf einem Geländer steht

Dann ist es wichtig zu prüfen, ob Äste an Bäumen - oder gar ein Baum selbst - zum Risiko werden könnten. Das sollten Sie ohnehin tun, denn hier gilt die Verkehrssicherungspflicht.

Das heißt: Der Eigentümer eines Hauses muss sein Grundstück und seine Immobilie so unterhalten, dass deren Bewohner und Besucher nicht zu Schaden kommen.

Sollten Ihnen Bäume oder Äste auf dem Nebengrundstück Sorgen machen, machen Sie Ihre Nachbarn darauf aufmerksam. Denn auch diese unterliegen der Verkehrssicherungspflicht.

Wenn Ihnen Bäume auf öffentlichem Grund auffallen, die potenziell zu einem Risiko werden können, kontaktieren Sie die Kommune.

Auch Ihr Haus selbst kann ein Risikofaktor sein. Deshalb ist ein genauer Check wichtig - auch um zu erkennen, ob das Gebäude durch das herannahende Unwetter gefährdet ist.

Schwachstellen sind laut der Verbraucherzentrale NRW vor allem zusätzlich montierte Teile am Gebäude. Beispiele:

  • Dachrinnen
  • Fensterläden
  • Markisen

Prüfen Sie, ob alles fest fixiert und gesichert ist, damit bei Wind nichts ins Schwingen kommt.

Außerdem betont Prüfingenieur Höffer, dass Gebäude regelmäßig auf Alterungserscheinungen an Tragwerk und Gebäudehülle untersucht werden sollten. Diese sollten gegebenenfalls nach technischen Baubestimmungen beseitigt werden.

Es kann sich lohnen, Rat einzuholen, auch wenn sich etwas in der Umgebung Ihres Hauses stark verändert - wenn etwa ein Wald abgeholzt oder die Nachbarbebauung abgerissen wird. Denn dadurch können sich die Bedingungen für die Standfestigkeit verändern.

Gut zu wissen: Auf immer mehr Dächern werden Photovoltaikelemente montiert. Auch hier ist es wichtig zu wissen, welche Windstärken der Aufbau aushält. Und sicherzustellen, dass alle Teile festsitzen.

Für die Montage von Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen auf Dächern gelten wie für alles am Bau klare DIN-Vorschriften, wie Günter Kampe erklärt. Er ist Regionalbüroleiter des Verbands Privater Bauherren in Pinneberg.

"Die Anlagen müssen ausreichend befestigt, mit Ballaststeinen und mit Windleitblechen versehen werden, um Sturm und Orkan standzuhalten", sagt Kampe.

Sturmschäden am Dach vermeiden: Was ist zu tun?

Ist alles fest und dicht, folgt der kritische Blick in Richtung Dach. Wird es dem Wind standhalten? Hier gilt zunächst allgemein: Alles, was niet- und nagelfest ist, reduziert das Risiko.

Gut zu wissen: Anders als man es vielleicht vermuten würde, entstehen die größten Schäden meist auf der windabgewandten Seite des Hauses. Dort entstehe ein negativer Winddruck, der Windsog, der nicht ausreichend befestigte Teile mitreißt, erklärt Bernd Redecker vom Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH).

  • Die windzugewandte Seite des Hauses kann als Luv-Seite bezeichnet werden.
  • Die windabgewandte Seite kann als Lee-Seite bezeichnet werden.

Das A und O ist die Befestigung. Ist diese nach den anerkannten Regeln der Technik erfolgt, können Dächer bis zur Windstärke 12 standhalten - also bis zu 118 km/h Windgeschwindigkeit.

Generell besteht auch die Pflicht zur Windsogsicherung. Dafür gibt es in den Landesbauordnungen verfasste Normen, so Redecker. Bei Ziegeldächern sind durch die Fachregeln des Deutschen Dachdeckerhandwerks seit 2011 sogenannte Sturmklammern vorgeschrieben.

Sie müssen auf den ausgewählten Ziegeltyp zugelassen sein und werden beim Eindecken mit den Ziegeln an den Traglatten befestigt. Je nach zu erwartender Last auf das Dach kann es sein, dass nur jeder dritte Ziegel geklammert werden muss - oder jeder einzelne.

Der zu klammernde Bereich und die Menge der zu verwendenden Klammern werden in einer Windsogberechnung ermittelt.

Tipp vom Profi: Wenn Sie Ihr Dach neu decken lassen, bitten Sie den Dachdecker um diese Windsogberechnung - und legen Sie diese zu Ihren Bauakten, rät Redecker. Darin wird die Einteilung des Daches in verschiedene Lastzonen festgehalten, außerdem Art und Menge der Befestigungselemente.

Sie haben kein Ziegeldach, sondern eines mit Abdichtung - etwa aus Bitumen oder hochpolymeren Kunststoffen? Die müssen fachgerecht verklebt oder mechanisch befestigt sein.

Auflast wie Kies oder Dachbegrünung sind die dritte Möglichkeit und tragen zur Sturmsicherheit bei.

Auch die Befestigerzahl, die Klebemenge und die Schütthöhe des Kieses werden in der Windsogberechnung erfasst.

Altes Dach sturmsicher machen: Kann ich nachrüsten?

Das hängt ganz vom einzelnen Dach ab. "Alte Dächer sind unter Umständen gar nicht nachzurüsten", sagt Redecker. "Oder die Nachrüstung ist unwirtschaftlich."

Eine Lösung:Schließen Sie für Ihr Dach einen Wartungsvertrag ab. Ein Experte begutachtet das Dach dann regelmäßig und weist auf Risiken hin. Beim ZVDH etwa gibt es mit dem "Dach-Check" ein System zur Inspektion und Wartung, an dem sich viele Innungsbetriebe beteiligen.

Wichtig: "Wenn das Unwetter aufzieht, ist es für die Vorsorge zu spät", sagt Redecker. Dann könne man nur hoffen, dass es nicht zum Äußersten kommt. Und einen sicheren Ort aufsuchen.

Schäden nach Sturm: Was sind die ersten Schritte?

Sie haben Haus und Hof so gut wie möglich auf den Sturm vorbereitet und trotzdem ist ein Schaden entstanden? Dann gilt es jetzt, die richtigen Schritte in der richtigen Reihenfolge zu gehen.

Eins vorweg: Kein Risiko eingehen.

Ihr Leben und das Leben anderer stehen im Vordergrund. Das gilt bei instabilen Dächern genauso wie bei gegebenenfalls vollgelaufenen Kellern. Wenn Sie nicht absolut sicher sind, dass das Betreten des Hauses ungefährlich ist, warten sie auf die Experten der Feuerwehr.

Folgende Schritte sind dann wichtig:

1. Die Versicherungen informieren: Melden Sie die Schäden so schnell wie möglich. Laut GDV sollte das erfolgen, bevor Handwerker mit der Beseitigung beauftragt werden.

2. Weitere Schäden vermeiden: Sind etwa Fenster kaputt gegangen, dichten Sie diese provisorisch ab, damit der Schaden durch Wind, Regen und Co. nicht noch größer wird, heißt es vom GDV.

3. Fotografieren Sie die Schäden: Dokumentieren Sie, was kaputt gegangen ist. Machen Sie dafür Fotos und sammeln Sie Kaufbelege. Kopien davon bekommt dann die Versicherung.

  Newsletter abonnieren

Euer News-Tipp an die Redaktion