Überhöhte Geschwindigkeit

Tempolimits für weniger Unfälle Warum sind sie wichtig?

Bei einem Großteil unserer Meldungen zu Unfällen im Straßenverkehr trägt eine nicht angepasste Geschwindigkeit zumindest eine Teilschuld. Doch wo fängt "überhöhtes" Tempo an und wo "Rasen"? Warum ist beides überhaupt riskant und was kann drohen?

Schon früh wurden in Deutschland Tempolimits eingeführt. Ab 1910 galten für PKW innerorts 15 km/h. 1934 hob man alle Geschwindigkeitsbegrenzungen auf, nur um sie fünf Jahre später wieder einzuführen - die Unfallzahlen waren dramatisch gestiegen. Während die junge BRD erneut zwischen 1952 und 1957 mit "freier Fahrt" experimentierte, führte die DDR gleich ein Limit ein.

Heute zweifelt kaum jemand an der Sinnhaftigkeit von Tempolimits. Doch warum sind sie wichtig und welche Konsequenzen gehen mit einer Überschreitung einher? Wir zeigen es euch im Detail.

Diese Tempolimits gelten bei uns

Grundsätzlich wird hierzulande bei einigen Geschwindigkeitsbegrenzungen zwischen PKW bis 3,5 Tonnen und LKW mit einem höheren zulässigen Gesamtgewicht unterschieden. Bei ersteren kommen zudem Ausnahmen für den Anhängerbetrieb vor. Für einen PKW mit Anhänger gelten je nach Trailer-Bauart 80 oder 100 km/h als Maximum außerhalb geschlossener Ortschaften.

Hier fokussieren wir uns auf die Tempolimits für PKW:

  • verkehrsberuhigte Bereiche: Schrittgeschwindigkeit (7 bis 8 km/h)
  • ruhige Wohngebiete: 30 km/h (gesondert ausgeschildert)
  • allgemein innerorts: 50 km/h
  • außerorts gefährdete Bereiche: 70 km/h (gesondert ausgeschildert)
  • allgemein außerorts: 100 km/h
  • Autobahnen: 130 km/h (konkret vorgeschrieben, ansonsten nur Richtgeschwindigkeit)

Wer auf einem Autobahnabschnitt ohne Tempolimit schneller als  130 km/h fährt und einen Unfall verursacht, kann eine Teilschuld zugesprochen bekommen. 

Ferner dürfen Kommunen weitere Abstufungen für Einschränkungen vornehmen: 5, 10, 15, 20 km/h und danach in Zehnerschritten bis hinauf zu 130 km/h. Aber diese sechs Geschwindigkeiten gelten als übliches Maximum.

 

Warum gibt es Tempolimits?

Das Fahren ganz ohne Geschwindigkeitsbegrenzungen wurde in der Vergangenheit mehrmals ausprobiert. Doch warum gibt es überhaupt Beschränkungen der Höchstgeschwindigkeit? Dahinter stecken mehrere Gründe:

  • Der Mensch hat eine Reaktionszeit von etwa einer Sekunde zwischen Sehen und Handeln. Je schneller ein Auto unterwegs ist, desto weiter die zurückgelegte Strecke in dieser Zeitspanne.
  • Die Bewegungsenergie nimmt ebenfalls mit zunehmender Geschwindigkeit zu. In Abhängigkeit von Fahrbahnoberfläche und Reifen verlängert sich dann auch der minimale Bremsweg.
  • Entsprechend wirkt sich ein Tempolimit in vielen Fällen positiv auf die Häufigkeit und Schwere von Unfällen aus.
  • Tempolimits gestatten es, den Verkehrsfluss besser zu leiten und zu berechnen. Dadurch gibt es beispielsweise weniger Staus und es passen mehr Fahrzeuge auf einen Streckenabschnitt.
  • Insbesondere bei höheren Geschwindigkeiten steigen Verbrauch und Abgasausstoß durch den immer relevanter werdenden Luftwiderstand.
  • Ab rund 30 km/h überwiegt das Abrollgeräusch von Autoreifen gegenüber Motor und Abgasanlage - und wird mit steigendem Tempo immer lauter. Geschwindigkeitsbegrenzungen dienen demnach oft als Lärmschutzmaßnahme.

Beträgt die Sichtweite durch Witterungseinflüsse weniger als 50 Meter, so gilt überall 50 km/h, sofern nicht sowieso ein geringeres Tempo vorgeschrieben ist. 

Überhöhtes Tempo oder Rasen?

Grundsätzlich zählt es als Ordnungswidrigkeit, wenn die zugelassene Höchstgeschwindigkeit überschritten wird. Ein Toleranzwert berücksichtigt zudem, dass ein Fahrzeugtacho keine hundertprozentig exakten Angaben macht. In Deutschland gilt:

  • bis 100 km/h werden 3 km/h vom Messwert abgezogen
  • ab 100 km/ werden 3 % des Messwerts abgezogen

Dies bedeutet: Es gibt durchaus die Möglichkeit, straffrei (etwas) schneller zu fahren als auf dem Tacho angezeigt.

Deutlich genauer als ein Tacho ist die GPS-basierte Geschwindigkeitsanzeige von Navigationsgeräten und Apps.

Über die Toleranzgrenze hinaus beginnt jedoch der Bereich, in dem Strafen vorgesehen sind. Welche genau, hängt von zwei Dingen ab:

  1. Ort des Vergehens, namentlich innerorts oder außerorts
  2. seit letztem Geschwindigkeitsvergehen vergangene Zeit

Offiziell lautet der Tatbestand "Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit". Wann ist dabei die Grenze zum "Rasen" erreicht?

Tatsächlich gibt es diese Bezeichnung in Deutschland nicht. Raserei wird im Kontext von Gesetzen nicht definiert. Häufig wird der Begriff jedoch umgangssprachlich verwendet, um grob überhöhte Geschwindigkeiten zu umschreiben. Dabei können die drei Abstufungen der Strafmaßnahmen bei den Delikten helfen:

  • Bußgelder: Sie werden bei jeder Überschreitung verhängt, die nach Abzug des Toleranzwerts verbleibt.
  • Punkte im Verkehrszentralregister: Ab 21 km/h zu viel inner- und außerorts werden Punkte im Register vermerkt. Ab acht Punkten wird automatisch ein Fahrverbot erteilt - allerdings werden pro Tempoverstoß höchstens zwei Punkte vergeben.
  • Fahrverbot: Zusätzlich zu Bußgeld und Punkten wird der Führerschein für mindestens einen Monat eingezogen. Bei Ersttätern (i. d. R.) ab 31 km/h innerorts und 41 km/h außerorts. Wer zweimal in einem Jahr schneller als 26 km/h zu schnell unterwegs war, bekommt die Fahrerlaubnis jedoch schon dann entzogen. Teils wird dies sogar bei Ersttätern angewendet.

In der Praxis können noch mehr Strafen hinzukommen, etwa wenn gleichzeitig der Abstand zum vorausgehenden Fahrzeug zu gering war oder dieser Verkehrsteilnehmer genötigt wurde (beispielsweise durch die Lichthupe). Vom "Rasen" wird meist dann gesprochen, wenn der Geschwindigkeitsverstoß Punkte nach sich zieht.

Wo kein offizieller Kläger, da kein Richter?

Eine Strafe für eine Geschwindigkeitsüberschreitung kann jedoch nur verhängt werden, wenn der Verstoß auch belegbar ist. Die überhöhte Geschwindigkeit muss amtlich und mit geeichten Messgeräten festgestellt und somit bewiesen werden.

Das Vergehen muss in dem Moment exakt gemessen werden - von entsprechend autorisierten Behörden und Personal. Typischerweise liegt das im Aufgabenbereich der Polizei. Diese kann die Aufgabe jedoch kommunalen Behörden übertragen. Wie die Messung genau durchgeführt wird, kann sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden.

Für Sachsen sind keine offiziell zugänglichen Regularien verfügbar. Im Freistaat sind diese Vorschriften als Verschlusssache nur für den Dienstgebrauch nicht der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich.

Grundsätzlich sind jedoch verschiedene Verfahren der Geschwindigkeitsmessung gestattet:

  • Radar
  • Laser
  • Video
  • Lichtschranken
  • Hinterherfahren

Meistens werden dabei Zeiten gemessen. Etwa, wie lange ein Auto benötigt, um den Bereich zwischen zwei Lichtschranken zu durchfahren oder wie rasch sich die Laufzeiten mehrerer Laser-Impulse verändern, die vom Fahrzeug reflektiert werden.

Alle legitimen Geräte und Verfahren müssen von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zugelassen und geeicht sein. Gewisse Toleranzen (etwa durch die Dauer der Signallaufzeit in Übertragungskabeln) sind zulässig.

Grundsätzlich kann Jeder eine (beobachtete) Tempoüberschreitung zur Anzeige bringen. Jedoch führen nur stichhaltige Beweise zu einer Bestrafung.

 

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