Warum die Leute ihre Wanderstöcke in einer vogtländischen Schmierstube vergessen

Erlebnis Erdachsendeckelscharnierschmiernippelkommission lädt zum 30-jährigen Jubiläum am 26. August ein

Pausa. 

Pausa. Ist Pausa der Mittelpunkt der Erde? Wird hier wirklich die Erdachse geschmiert? Wer das nicht glaubt, sollte sich mit der Pausaer Erdachsendeckelscharnierschmiernippelkommission in den Katakomben des Rathauses verabreden. Im Domizil des Vereines befinden sich die Erdachse und die Schmierstube. Spätestens nachdem man die Eindreh- und Ausdrehbewegungen mit dem Öl und Schiermittel ein oder mehrere Male geübt hat, ist man überzeugt.

 

"Die Leute vergessen die einfach"

Zumindest haben das die Vereinsmitglieder festgestellt: "Wir hatten junge Franzosen da, alles Landwirte, die wollten gar nicht mehr gehen", erinnert sich Eberhart Birkholz verschmitzt. "Der Bus wollte weiter. Sie stiegen vorn ein und hinten wieder aus, kamen immer wieder." Da sie allerdings die Eindreh- und Ausdrehbewegungen nicht so genau nahmen, wäre ihnen das Schmiermittel nicht gut bekommen. Andere hingegen würden richtig aufblühen nach dem Besuch in der Erdachsenschmierstube. "Die sind alle liegen geblieben", zeigt Gerd Chalubka auf eine Reihe von Wanderstöcken. "Die Leute vergessen die einfach." Eberhart Birkholz ergänzt: "Sie lassen Regenschirme, Mützen und Schals liegen." Da musste so mancher Reisebus zurück kommen, um alles einzusammeln. Dem nicht genug, soll das Schmiermittel äußerlich gut wirken. Das Einschmieren wird ohnehin gemacht, wenn mal etwas verschüttet wird. So mancher sei dann nicht mehr gehumpelt. Gudrun Müller, Sven Gerold, Susi Jung, Kerstin Gerold und Peter Hahn können die scheinbar wundersame Wirkung nur bestätigen. "Es ist eben Medizin." Der patentierte Kräuterschnaps wird übrigens in Reichenbach hergestellt.

 

Geschichte der Erdachsendeckelscharnierschmiernippelkommission

Wie es mit der Erdachsendeckelscharnierschmiernippelkommission begann? Anfang der 1990-er Jahre kam die Idee am Stammtisch auf, die Erdachse Besuchern zugänglich zu machen. Die Leute fragten danach und auch, was der Globus auf dem Rathausdach bedeutet. Unterstützt vom Bürgermeister baute man einen Teil des Rathauskellers aus. So entstanden die Schmierstube und der Vorraum mit der Erdachse. Wer beim Schmieren zuschauen will, wirft einen Euro ein, es geht das Licht an, man sieht, wie sich eine Welle, knapp einen Meter hoch dreht - die Erdachse. "Wir hatten Besucher in der Schmierstube, denen ich erzählte, dass wir als Verein mit dem Geld viel Gutes tun", erinnert sich Gerd Chalupka. "Einmal sagten sie, es funktioniert nicht, es bleibt dunkel." Der Grund: Es waren Geldscheine in den Schlitz geworfen worden. "Damit hatten wir gar nicht gerechnet."

 

Unterstützung von vielen Projekten

In den 30 Jahren hat die Kommission mit dem langen Namen Projekte unterstützt: Die Beleuchtung der Michaelskirche, ein Defibrillator im Freibad, ein barrierefreier Weg zum Springbrunnen, ein Elektro-Verteilerkasten am Markt sowie verschiedene Spenden. Und man repräsentiert Pausa als Erdachsenstadt bei Jubiläen und Festumzügen, zelebnriert bei Einweihungen und Festen das Ritual des Ein- und Ausdrehens. Und wer als Autofahrer nicht mitmachen will, bekommt von der Kommission schon mal einen großen Stempel aufgedrückt oder eine Urkunde. "Die Polizei weiß dann Bescheid", sagt Eberhart Birkholz augenzwinkernd. Außerdem sei man durch das Ausdrehen wieder bei null Promille.

 

Erdachsenschmieren gab es schon lang

Bereits im 19. Jahrhundert soll es das Erdachsenschmieren in Pausa gegeben haben. Den Globus dreht sich seit 1936 hoch oben. Bis in die 1960-Jahre kümmerte sich ein Verein um die Tradition. Zu neuen Ehren als Mittelpunkt der Erde kam Pausa durch die 1993 gegründete Erdachsendeckelscharnierschmiernippelkommission, deren derzeit acht Mitglieder das frühere Bürgertum darstellen. In Frack und Gehrock die Männer, im Kleid die Frauen, versehen mit gelb-schwarzer Schärpe. Inzwischen waren sämtliche Fernsehsender in Pausa. Besucht wird die Schmierstube zu Hochzeiten, Schultreffen oder anderen feierlichen Anlässen.

 

30. Jubiläum am 26. August

Die Erdachsendeckelscharnierschmiernippelkommission lädt zum 30-jährigen Jubiläum in die Schmierstube ein. Und zwar am Samstag, 26. August, von 16 bis 22 Uhr. Neben Roster mit Musik und einem Quiz wird dabei das Schmiermittel für die Erdachse nicht fehlen.

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