Zum 90. Geburtstag von Lothar John

MOTORSPORT Zweifacher Deutscher Meister war gern gesehener am Sachsenring und in Zschorlau

Sachsenring. 

Sachsenring. Heute feiert mit Lothar John aus Schriesheim ganz in der Nähe Heidelberg ein erfolgreicher (west-)deutscher Ex-Rennfahrer seinen 90. Geburtstag, der in seiner aktiven Zeit auf dem alten Sachsenring live zu erleben und später regelmäßig bei Klassik-Veranstaltungen auf dem neuen Sachsenring sowie dem Zschorlauer Dreieck ein gern gesehener Gast war.Ender der 1950er-Jahre kam er erstmals zum Sachsenring und wurde 1958 sowie 1960 in den Rennen der 500-ccm-Klasse auf BMW jeweils Elfter. Beim ersten WM-Lauf auf der Berg- und Talbahn vor den Toren Hohenstein-Ernstthals im Jahr 1961 konnte er wiederum auf einer 500er-BMW Neunter werden. Den gleichen Platz belegte er 1967 in der Viertelliterklasser-Klasse auf Suzuki. 1969 konnte sich Lothar John in der 125-ccm-Klasse mit einer Neckermann-MZ als Achter klassieren und wurde im letzten Rennen des Wochenendes, jenem der 250er, mit einer Yamaha Siebenter werden.

Von Schlesien in den Odenwald

In Breslau (Schlesien, heute Wroclaw in Polen) am 17. September 1933 geboren, flüchtete Lothar Johns Familie zum Ende des Krieges und landete in dem Weinort Schriesheim an der Bergstraße. Sein Vater, der ebenfalls wie die gesamte Familie vom Motorradbazillus befallen war und vor dem Krieg einige Motorrad-Wettbewerbe bestritt, unterstütze Lothar nach seinen Möglichkeiten.Sein erstes Rennen bestritt er als 20-Jähriger beim Odenwaldring Rennen in Buchen. Ein zweiter Platz auf der 500er-BMW war der erfolgversprechende Auftakt für die spätere Karriere. Ihm zu Ehren veranstaltet sein jüngerer Bruder Manfred seit über 15 Jahren die Odenwald Klassik im Nachbarort Walldürn auf dem dortigen Flugplatz als Revival. Nach weiteren Erfolgen in der damaligen Ausweisklasse erfolgte 1959 der Aufstieg in die internationale Lizenzklasse mit einer bunten Palette an Motorradmarken. Weiterhin auf BMW, aber mit der Rennsportversion RS54, startete er bei den deutschen Meisterschaftsläufen und internationalen Rennen 1960 errang er beim Großen Preis von Deutschland auf dem Hockenheimring mit dem sechsten Platz in der Halbliterklasse den ersten WM-Punkt. Man muss bedenken, dass es damals nur bis Platz sechs WM-Punkte gab und die Mindest-Renndistanz 200 Kilometer betrug. Da aber die BMW in der Soloklasse bald nicht mehr wirklich konkurrenzfähig war, wurde sie an einen Gespann-Rennfahrer verkauft. Dort waren die RS-Motoren besonders begehrt. Mit dem Erlös kam eine Norton Manx 500 und eine Bultaco TSS 125 ins Haus, die kontinuierlich auf 200 und 250 ccm Hubraum für die 250er-Klasse wuchs. Die Manx wurde verkauft, für die 125er-Klasse stieg er auf eine 125er Honda CR 93 um. Aber die Bultaco war sehr defektanfällig, also musste sie einer Suzuki 250 weichen. Allerdings war die T20 ein Serien-Motorrad, das er mit viel Aufwand zu einer Rennmaschine mit Wasserkühlung umbaute.

Zwei DM-Titel in der 250-ccm-Klasse

1968 war auch das Jahr seines ersten deutschen Meistertitels. Das Kuriosum: Als während der Saison die Ersatzteile für die Suzuki ausgingen und es keine Kolben mehr gab, stellte ihm ein Freund und zugleich Motorradhändler kurzerhand seine Yamaha TD 1C für die restlichen Rennen zur Verfügung. Damit holte er gleich für zwei japanische Marken die Meisterschaft. Im Jahr darauf wurde der neue Production Racer von Yamaha, eine TD2, angeschafft. Damit verteidigte er nicht nur erfolgreich den Meistertitel, sondern holte auch in der Weltmeisterschaft beachtliche Erfolge. Mit Platz zwei beim Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring hinter Weltmeister Kent Anderson sowie weiteren Plätze in den Punkterängen wurde er in der WM-Endabrechnung als Neunter zugleich bester Westdeutscher Fahrer.

Parallel dazu fuhr er in der 125er-Klasse für das Renn-Team des Versandhändlers Neckermann eine MZ. Das große Versandhaus importierte damals, neben MZ, die tschechischen CZ- und italienischen Garelli-Motorräder. Auch dort gelangen ihm jeweils mit Rang vier beim GP von Deutschland und Platz fünf beim GP der CSSR in Brno Top-Platzierungen in der Weltmeisterschaft. Damals gab es schon für die zehn Erstplatzierten WM-Zähler.

Später auch in den großen Hubraumklassen erfolgreich

Aber Lothar John fuhr auch in den größeren Klassen mehrgleisig. Als Doppelstarter mit den damals erfolgreichen Yamaha in der 350er-Klasse und dem typgleichen Motorrad, jedoch auf 354 ccm Hubraum gebracht, in der 500er-Klasse. Nationale Vize-Meisterschaften und Top-10-Plätze in den WM-Läufen waren die Ausbeute.Zum Schluss seiner Karriere bekam er vom damaligen Suzuki-Importeur eine TR 500 zur Verfügung gestellt. Doch mehrere Motorschäden vereitelten eine erfolgreiche Platzierung. So vereitelte zum Beispiel im finnischen Imatra eine Runde vor Schluss ein kapitaler Motorschaden die Schlussphase des Kampfes um Platz zwei mit dem Briten Rodney Gould und somit einen möglichen weiteren Platz auf dem Podium.In seiner 20-jährigen Motorsport-Karriere fuhr Lothar John zahlreiche Marken und Modelle in allen Soloklassen. Unter anderem auch eine 50er-Suzuki in Spa-Francorchamps, die ihm sein Freund Hans-Georg Anscheidt geliehen hatte. Ebenso die Werks-125er Suzuki beim Großen Preis der DDR. Anscheidt stieg aus Werbezwecken dort auf die Neckermann-MZ von Lothar John um. Leider vereitelte da ein Zündungsschaden einen weiteren möglichen Podiumsplatz, denn bis dahin lag er hinter Phil Read auf Platz zwei.

Die Karriere nach der Karriere

Bis vor einigen Jahren war er ein gerne gesehener Gast bei den vielen Klassik-Events, wie zum Beispiel dem Zschorlauer Dreieckrennen oder den Jubiläums-Veranstaltungen des Sachsenrings anlässlich 75 oder 80 Jahre der Kult-Rennstrecke.Von verschiedenen Sammlern zur Verfügung gestellt, bewegte er gerne die 500er-BMW RS54 und die Yamaha TD2. Im Fahrerlager war er durch seine unkomplizierte und freundliche Art bei den Rennfahrerkollegen, Fans und Veranstaltern sehr beliebt. Heutzutage kümmert sich sein Sohn Alexander und dessen Familie um den Jubilar, der in erster Linie in seinen Erinnerungen lebt. "Ich hatte viel Glück bei meinen Stürzen, die ich alle ohne große Knochenbrüche überstanden habe, ganz im Gegensatz zu vielen meiner Rennfahrerkollegen", weiß der Jubilar zu berichten.

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