Sachsen-Monitor: So dachten die Sachsen noch vor einem halben Jahr

Meinungsumfrage Ergebnisse der Sachsen-Monitor 2021/2022 vorgestellt

Rund drei Viertel der Sachsen blicken optimistisch in die persönliche Zukunft. Mehr als 80 Prozent sehen ihre eigene wirtschaftliche Situation positiv. Das sind die Ergebnisse der aktuellen Meinungsumfrage "Sachsen-Monitor 2021/2022", die diese Woche vorgestellt wurde. "Kann das stimmen?", werden sich an dieser Stelle einige Leserinnen und Leser wahrscheinlich fragen. Denn angesichts der aktuellen Gas- und Energiekrise dürfte die Stimmung im Land nicht mehr ganz so optimistisch sein. Das Bauchgefühl trügt nicht, denn für die Meinungsumfrage wurden rund 2.000 Bürgerinnen und Bürger im Zeitraum vom 3. November 2021 bis 14. März 2022 interviewt. Das heißt, die Ergebnisse sind an mehreren Stellen erkennbar geprägt von den Erfahrungen während der Corona-Pandemie, aber noch weitestgehend unberührt vom Ukraine-Krieg und seinen wirtschaftlichen folgen. Dennoch zeigt der Bericht auch, wie es im Allgemeinen um die sächsische Gesellschaft steht.

 

Sachsen haben "grundsätzliches Vertrauen"

Entgegen aller Erwartungen zeige sich die sächsische Bevölkerung und deren Einstellung zu Politik, Wirtschaft und Gesellschaft als robust, konstatiert Constanze Geiert, Vorsitzende des Beirats Sachsen-Monitor. "Es herrscht ein grundsätzliches Vertrauen in bestehende Institutionen und die Wissenschaft. Zudem wird die zukünftige Entwicklung der eigenen Kinder als positiv bewertet. Besonders erfreulich ist, dass in der Mitte der Bevölkerung menschenfeindliche Einstellungen deutlich abgenommen haben." Dies dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie noch immer sehr hoch sind. Die weiteren Ergebnisse im Überblick:

 

Leistung der Ostdeutschen nicht gewürdigt

Die Entwicklung in Sachsen seit der Friedlichen Revolution von 1989 wird ganz überwiegend positiv beurteilt, aber es gibt auch einen starken Wunsch, in Deutschland möge mehr über die ostdeutschen Erfahrungen nach der Wiedervereinigung gesprochen werden. Stark ausgeprägt ist auch das Gefühl, die Leistung der Ostdeutschen für den Aufbau der neuen Bundesländer werde nicht angemessen gewürdigt. Bemerkenswert ist der Befund, dass in den vergangenen vier Jahren die Minderheit derjenigen, die sich den Menschen in Osteuropa näher fühlen als den Menschen in Westdeutschland, von 17 auf 29 Prozent angestiegen ist.

 

Chemnitzer stört deutsche Ungerechtigkeit am meisten

Eine Mehrheit der Sachsen findet nach wie vor, dass es in Deutschland eher ungerecht zugeht - obwohl die Befragten zugleich mehrheitlich finden, im Vergleich dazu, wie andere in Deutschland leben, erhielten sie persönlich ihren gerechten Anteil. Bei der globalen Frage, ob es in Deutschland eher ungerecht zugehe, zeigen sich enorme Unterschiede zwischen Leipzig, Dresden und Chemnitz: In Leipzig sieht nur eine starke Minderheit das so, in Chemnitz eine Zweidrittelmehrheit.

 

Soziale Schicht: deutlicher Unterschied zwischen Dresden und Chemnitz

Bei der Selbsteinordnung in eine soziale Schicht hat die Zahl derjenigen, die sich der mittleren Mittelschicht zugehörig fühlen, deutlich zugenommen, die Zahl derjenigen, die sich als Teil der Unterschicht oder der unteren Mittelschicht betrachten, dagegen abgenommen. Auch hier zeigen sich Unterschiede zwischen Dresden, Leipzig und Chemnitz: die Dresdner stufen ihre eigene Schichtzugehörigkeit etwas höher ein als die Leipziger und deutlich höher als die Chemnitzer.

 

Größte Sorge: Spaltung und Verlust des gesellschaftlichen Zusammenhalts

Als wichtigstes Problem (Stand: November 2021 bis März 2022) werden die Bekämpfung der Corona Pandemie und die Spaltung der Gesellschaft in Impfbefürworter und -gegner genannt. Im Vergleich zu 2018 haben die Sorgen wegen steigender Arbeitslosigkeit und Mängeln des Bildungssystems stark abgenommen. Als größte Chance für Sachsen werden Industrieansiedlung und Wirtschaftsförderung genannt, konkret in den Bereichen innovative Technik und Ausbau der erneuerbaren Energien. Die größte Sorge gilt der Zunahme des Gegensatzes zwischen Arm und Reich und dem Verlust des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Kaum Sorgen machen sich die meisten Befragten hingegen um den Verlust dessen, was sie sich seit der Wiedervereinigung erarbeitet haben, und um ihren eigenen Arbeitsplatz.

 

Demokratie gute Regierungsform, aber längst nicht perfekt

Das Interesse an Politik - sowohl im Allgemeinen als auch an der Politik in Sachsen - hat seit 2018 deutlich zugenommen, ebenso die Bereitschaft, den eigenen politischen Willen durch Teilnahme an einer Wahl oder einer Volksabstimmung zu bekunden. Die große Mehrheit der Sachsen hält die Demokratie für eine gute Regierungsform. Fragt man konkret, wie die Demokratie in der deutschen und sächsischen Praxis funktioniert, sind die Werte jedoch deutlich niedriger. Sehr hohe Zufriedenheit bei der Umsetzung von Demokratie herrscht in Bezug auf die Freiheit und Fairness der hiesigen Wahlen, besonders kritisch sieht die Mehrheit dagegen die Umsetzung beim Abbau sozialer Ungleichheit.

 

Informationen häufiger aus dem Interne

Im Vergleich zu 2018 sind autoritäre Einstellungen zurückgegangen, dennoch meinen mehr Befragte als früher, "in diesen Zeiten" werde eine "starke Hand" unbedingt gebraucht. Gleichzeitig verliert der Gedanke an Zustimmung, Deutschland brauche jetzt eine einzige starke Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert. Als glaubwürdig gelten traditionelle Medien wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk und die Tageszeitungen, als wenig verlässlich die Sozialen Medien. Allerdings beziehen junge Befragte ihre Informationen über das politische Geschehen deutlich weniger aus traditionellen Quellen und häufiger aus dem Internet.

 

Klimaschutz fängt also doch im Kleinen an

Die allermeisten Befragten teilen die Überzeugung, dass der Klimawandel von Menschen gemacht ist. Sie betrachten den Klimaschutz als ein "Thema für uns alle". Geteilter Meinung sind sie bei der Frage, ob man beim Klimaschutz eher auf Veränderung der eigenen Gewohnheiten (49 Prozent) oder möglichst auf neue Technologien und Lösungen (47 Prozent) setzen sollte. Bei der Frage, wessen Interessen in der öffentlichen Diskussion um Klimaschutz berücksichtigt werden, findet eine große Mehrheit, dass arme Menschen und einfache Arbeitnehmer zu kurz kommen, während Großunternehmer und wohlhabende Menschen zu stark Gehör finden. Der kommunalen Ebene und den einzelnen Bürgerinnen und Bürgern werden größere Klimaschutzanstrengungen attestiert als der Bundesregierung, der EU-Kommission oder der Wirtschaft.

 

Alle Ergebnisse des Sachsen-Monitors sind hier abrufbar: https://lsnq.de/sachsenmonitor

 

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