Wie sieht die Energieversorgung der Zukunft aus? Meinungen sind gespalten

Wirtschaft Vier Experten äußern Bedenken und Lösungsansätze

Sachsen. 

Sachsen. Die Diskussion um eine sichere Energieversorgung läuft auf Hochtouren. Dabei spielen Windkraft und Sonnenenergie eine große Rolle. Was für die einen die Lösung aller Probleme darstellt, ist für andere ein fragwürdiges Unterfangen. BLICK.de hat vier Menschen des öffentlichen Lebens zu ihrer Sicht auf die Dinge gefragt. Oliver Kalis ist Geschäftsführer der Stadtwerke Strom Plauen, Thomas Dietz ist Bundestagsabgeordneter (AfD) ebenso wie Bernhard Herrmann (Bündnis 90/Grüne) und Robert Höhlig ist Vorsitzender der Agrargenossenschaft Lungwitztal.

Oliver Kalis: "Wichtigste Ziele Beibehaltung der Versorgungssicherheit, günstige Preise sowie klimafreundliche Erzeugung"

Herr Kalis: Was sind in Ihren Augen die Säulen für eine sichere Energieversorgung der Zukunft?

Deutschland ist dabei, sein Energiesystem umzubauen. Die wichtigsten Ziele dabei sind die Beibehaltung der Versorgungssicherheit, günstige Preise für Haushalte und Unternehmen sowie eine klimafreundliche Erzeugung. Um diese Ziele zu erreichen ist eine deutliche Erhöhung der Energieeffizienz notwendig. Die Potentiale reichen von Kraftwerksmodernisierung über energieeffiziente Motoren und energiesparende Industrieprozesse bis hin zu energieeffizienter Gebäudesanierung und Haushaltsgeräten. Zudem sind neue Speicherkonzepte und intelligente Energienetze zentrale Säulen eines Energiesystems, das auf Erneuerbaren Energien basiert.

Welche Investitionen in eine sichere Energieversorgung sind in Ihren Augen jetzt besonders wichtig?

Für uns als regionales Stadtwerk liegt der Fokus in den nächsten Jahren auf dem Umbau unseres Mittelspannungsnetzes von einem 10 kV zu einem 20 kV Netz. Hier sind in den nächsten 10 Jahren Investitionen notwendig, um den zusätzlichen Strom aus Erneuerbaren Energien zu transportieren, intelligent zu verteilen und gleichzeitig für den zukünftig höheren Strombedarf (zum Beispiel durch Wärmepumpen und Elektroautos) zu ertüchtigen.

Wie stellen Sie sich die Energieversorgung in Sachsen und Deutschland in zwanzig Jahren vor?

Der Charakter des Energieversorgungssystems wandelt sich von konventionellen, zentralen Großkraftwerken stärker zu einer dezentralisierten Struktur mit zahlreichen kleinen Erzeugungsanlagen. Dies erfordert eine Anpassung der regionalen und kommunalen Verteilnetze hin zu intelligenten Stromnetzen, in denen Erzeuger, Verbraucher, Speicher und Netzbetriebsmittel miteinander vernetzt sind.

Thomas Dietz: "Grundlastfähigkeit der einheimischen Energieversorgung wieder stabilisieren"

Herr Dietz: Was sind in Ihren Augen die Säulen für eine sichere Energieversorgung der Zukunft?

Durch die Abschaltung der sicheren Kernkraftwerke in Deutschland ist unser Land vom Stromexporteur zum Importeur geworden. Zukünftige Energieversorgung muss effektiv, grundlastfähig und sicher sein. Wir werden auf Gas- und Kohlekraftwerke setzen müssen, bis Deutschland wieder bereit ist, für die Kernenergie. Die Windindustrieanlagen sind nicht zukunftsfähig weil umweltschädlich und unzuverlässig. Photovoltaik mit Pufferspeichern und Akkus auf Gebäuden hat seine Berechtigung. Biomasse ist begrenzt einsetzbar.

Welche Investitionen in eine sichere Energieversorgung sind in Ihren Augen jetzt besonders wichtig?

Deutschland muss dringend die Grundlastfähigkeit der einheimischen Energieversorgung wieder stabilisieren. Dazu gehören Investitionen in Kernkraftwerke der 4. Generation, z.B. Dual-Fluid-Reaktoren. Diese können den Abfall der bisherigen Kernkraftwerke als Brennstoff nutzen. Aber auch unabhängig davon sind derzeit 50 neue Kernkraftwerke weltweit im Bau, viele neue Reaktoren in der Planungsphase. Deutschland darf sich nicht verschließen.

Wie stellen Sie sich die Energieversorgung in Sachsen und Deutschland in zwanzig Jahren vor?

Es wird einen Mix aus verschiedenen Formen geben. Man muss Infrastruktur nutzen und Energie flächenschonend, effektiv, sowie sicher grundlastfähig produzieren. Dazu gehören Kernkraftwerke (auch Dual-Fluid-Reaktoren). Weiterhin Gaskraftwerke, Kohlekraftwerke, Bioenergie, Wasserkraft- und Pumpspeicherkraftwerke zum Lastenausgleich. Photovoltaik wird häufig genutzt. Die letzten Windindustrieanlagen werden aufgrund ihrer Umweltschädlichkeit und unkalkulierbaren Energieproduktion nach und nach abgebaut. Einige werden als Industriedenkmale erhalten.


Robert Höhlig: "Die erneuerbaren Energien werden weiter wachsen"

Herr Höhlig: Was sind in Ihren Augen die Säulen für eine sichere Energieversorgung der Zukunft?

Photovoltaik und Windkraft werden sicher weiter ausgebaut und haben ihre Berechtigung. Wir brauchen aber auch mehr Grundlastsicherheit. Dazu kann die Landwirtschaft mit Biogasanlagen einen Beitrag leisten. Wir können nachts Strom produzieren, wenn keine Sonne scheint. Die Rahmenbedingungen stimmen aber nicht. Aktuell können wir nur die Hälfte der möglichen Leistung unserer Anlage nutzen und bekommen auch weniger dafür.

Welche Investitionen in eine sichere Energieversorgung sind in Ihren Augen jetzt besonders wichtig?

Für uns wäre ein Gasspeicher wichtig um bei Bedarf noch mehr Strom liefern zu können. Außerdem könnten wir die Anlage vergrößern. Sie hat eine Leistung von 500 Kilowatt, 1500 Kilowatt wären für die Größe unserer Agrargenossenschaft problemlos möglich. Wir haben in unserem Betrieb genug Reststoffe, sodass die Energieerzeugung keine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion darstellt. Es gäbe da noch viele Möglichkeiten, doch das müsste auch gefördert werden. Derzeit bremst die Bürokratie vieles aus.

Wie stellen Sie sich die Energieversorgung in Sachsen und Deutschland in zwanzig Jahren vor?

Die erneuerbaren Energien werden weiter wachsen. Ich würde mir wünschen, dass das Thema Energieversorgung dabei auch regionaler wird und die Wertschöpfung hier erfolgt. Wenn man das unabhängiger von den großen Konzernen für die Menschen vor Ort machen könnte, wäre auch die Akzeptanz für Windräder oder eine Photovoltaik-Anlage größer. Dann können alle profitieren und nicht nur wenige. Die Biomasse muss für die künftige Energieversorgung dabei wieder stärker in den Fokus rücken.
 

Bernhard Herrmann: "Abhängigkeit von fossilen Energien birgt Risiken"

Herr Herrmann: Was sind in Ihren Augen die Säulen für eine sichere Energieversorgung der Zukunft?

Ganz wichtig sind die erneuerbaren Energien. Je mehr Strom wir regional mit Wind und Sonne erzeugen, desto sicherer ist unsere Energieversorgung. Wir haben erst vor kurzem beim Gas gesehen, welches Risiko die Abhängigkeit von fossilen Energien birgt. Auch indem wir Energie nicht verschwenden, sondern effizienter nutzen als bisher, stärken wir die Energiesicherheit und reduzieren die Kosten. Natürlich müssen wir uns auch dafür wappnen, wenn Erneuerbare mal wenig Strom erzeugen. Dabei werden uns Strom- und Wärmespeicher ebenso helfen, wie Wasserstoffkraftwerke, die einspringen können, wenn erforderlich.

Welche Investitionen in eine sichere Energieversorgung sind in Ihren Augen jetzt besonders wichtig?

Essenziell ist der Ausbau erneuerbarer Energien. Wir Bündnisgrüne haben es in der Bundesregierung geschafft, dass 2023 doppelt so viel Windenergie genehmigt und doppelt so viele PV-Anlagen gebaut wurden wie im Jahr davor. Aber wir müssen auch in Energieeffizienz und die Ablösung der Fossilen in anderen Bereichen investieren: Züge, E-Busse und E-Autos statt Verbrennern. Es gilt, die Häuser besser zu dämmen und sie mithilfe von Wärmenetzen, Wärmepumpen oder Solarthermie sauber, effizient und somit langfristig bezahlbar zu heizen.

Wie stellen Sie sich die Energieversorgung in Sachsen und Deutschland in zwanzig Jahren vor?

Meine Vision ist eine erneuerbare Energieversorgung in Hand von Bürgern und Kommunen. Anstatt dass wenige große Energieversorger die Preise diktieren, nehmen Bürger die Energieversorgung selber in die Hand.

 

  Newsletter abonnieren

Euer News-Tipp an die Redaktion